Berlin Fashion Week 2013 – Quo Vadis

Model bei Augustin Teboul, Berlin Fashion Week, Herbst/Winter 13/14
Model bei Augustin Teboul, Berlin Fashion Week, Herbst/Winter 13/14

„Mehr Sein als Schein“ titelt Spiegel Online, und auch sonst bleiben die üblichen Kritiker, die sonst anlässlich der Berlin Fashion Week die Presse bestimmen, diesmal auffällig leise, wenn nicht sogar komplett still.
Die Berliner Modewoche macht sich – und das trotz der enttäuschenden, graduellen Abwanderung klingender Namen wie A.F. Vandervorst, Strenesse, zuletzt Escada und Kaviar Gauche.
Die für ihre Jungdesigner berühmte Stadt scheint langsam eine Transformation zu vollziehen; die Modemacher sowie die gesamte Berlin Fashion Week werden erwachsen.

Leandro Cano, Berlin Fashion Week, Herbst/Winter 13/14
Leandro Cano, Berlin Fashion Week, Herbst/Winter 13/14 

Es gab diesmal kein Kopfschütteln, kein Fremdschämen, weder über Kollektionen, die unprofessionell wirkten, noch über ebensolche Models. Die Mode insgesamt war solide, tragbar und verkäuflich, ohne ins Kommerzielle oder Langweilige abzurutschen. Wo bisher immer ein leichtes Minderwertigkeitsgefühl mitschwang, wenn man die eigene Stadt, Berlin, als Modezentrum rühmte, so kommt diesmal gar ein wenig Stolz auf.
Insbesondere in der grünen Mode kann Berlin eine führende Position einnehmen – Ethical Fashion Show oder Green Showroom ziehen internationale Aussteller und Medien an.
Wenn auch vieles noch nicht richtig läuft in dieser Stadt, die Mode scheint auf dem richtigen Weg zu sein.

Michael Sontag, Berlin Fashion Week Herbst/Winter 13/14Vladimir Karaleev, Berlin fashion Week Herbst/Winter 13/14
Michael Sontag, Vladimir Karaleev, Berlin Fashion Week H/W 13/14

Designer wie Michael Sontag oder Vladimir Karaleev, dessen an Margiela erinnernde Entwürfe für Gänsehaut sorgten, kann man nicht mehr guten Gewissens „Jungdesigner“ nennen, sie gehören mittlerweile zu den stilbildenden Kreateuren der Stadt.
Patrick Mohr hat den Sprung, so scheint es, geschafft, weiterhin zu schockieren, aber auch Mode zu machen, und in einer Kooperation mit Reebok, Finanzierungswege zu finden.
Die momentanen Jungtalente, Franziska Michael, Barre Noire,  Blaenk, oder Ivan Man weisen eine Professionalität auf, die international mithalten kann. Es bleibt nun noch zu wünschen, dass die Verkaufszahlen bald nachziehen.

Patrick Mohr, Berlin Fashion Week Herbst/Winter 13/14
Patrick Mohr, Berlin Fashion Week Herbst/Winter 13/14

Das natürlich ist nach wie vor das Manko der Berlin Fashion Week. Die fehlenden Einkäufer, das mangelnde Geld. Wieder einmal muss man sich fragen, ob nicht eine Bündelung gesamtdeutscher Mode-Energien hier helfen würde – ein German Fashion Council, der dies in die Hand nimmt.
Für Berlin allein ist dies nicht zu schaffen, und soll dies doch auch gar nicht sein. Es muss an einem Strang gezogen, der Dialog zwischen Brands, Einkäufern, Jungdesignern und Presse gefördert werden. Eine zentrale Anlaufstelle für nationale und internationale Anfragen muss geschaffen werden, wenn der Modestandort Berlin gefestigt werden soll – und zwar für ganz Deutschland.

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Barre Noire, IvanMan, Berlin Fashion Week Herbst/Winter 13/14

Dabei muss immer im Hinterkopf behalten werden, dass die „Berlin Fashion Week“ erst seit 2007 existiert, die Messen Premium und Bread & Butter zwar bereits seit 10 Jahren, das ist bei Modeveranstaltungen aber keine besonders lange Zeit.
Die London Fashion Week beispielsweise gibt es seit 1984, die New Yorker Fashion Week seit 1943, Mailand seit 1958 und Paris seit 1914 (in ihrer jetzigen Form seit 1973).
Die vier „Großen“ hatten also bis zu 100 Jahre mehr Zeit, dort anzukommen, wo sie jetzt sind – Geduld ist angebracht und zahlt sich, wie man sieht, aus.
Zugegeben, es könnte sich in diesem Artikel um eine sehr optimistisch formulierte Hoffnung handeln, und in den aufgezählten Beobachtungen um Wunschdenken. Die kommenden Fashion Weeks in der deutschen Hauptstadt werden zeigen, ob der gefühlte Aufwärtstrend bestehen bleibt.