Zeit für einen German Fashion Council

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Internetauftritt des CFDA, Liste der CFDA Members

In ersten Tagen nach Ende der Modewoche in Berlin war bei fast allen großen Zeitungen Fashion-Week-Rekapitulation, bei einigen war es wieder Zeit für Fashion-Week-Bashing.
Das Spiel ist jede Saison das gleiche: Berlin sei zu arm, zu langweilig, zu avantgarde, zu unwichtig, zu experimentell, zu desinteressiert. Meist bleibt es bei diesem pessimistischen Bild Berlins als (Nicht-)Modehauptstadt Deutschlands.
Dieses Jahr jedoch verstärkt sich einigerorts der Ruf, die deutsche, oder die Berliner Mode, solle sich organisieren – in Form eines Mode-Rates, oder, um es modischer zu sagen, eines Fashion Council.
Jetzt gibt es im föderalen Deutschland schon einige Organisationen, die sich um die Förderung der Mode kümmern, doch warum strahlt deren Arbeit so wenig ins Ausland, oder zumindest doch in Deutschland, aus? Sollte Berlin wirklich einen Platz unter den Grossen anstreben? Welche Faktoren könnten zum Erfolg führen?
Und, die entscheidende Frage: interessiert das überhaupt irgendjemanden?

Die Ausstellung anlässlich des fünfzigjährigen Bestehens der CFDA, des Council of Fashion Designers of America, im Museum des FIT in New York, zeigte eines ganz deutlich: Organisation bringt weiter. Der Zusammenschluss der amerikanischen Modedesigner hat die Mode des zuvor Nicht-Modelandes innerhalb eines halben Jahrhunderts nach ganz weit vorne gebracht.
Das Rezept dafür war ein Fashion Council, gebildet aus den wichtigsten Vertretern der nationalen Modebranche, der sich der Nachwuchsförderung und Imagepflege der amerikanischen Mode nach außen sowie nach innen verschrieb.
Zu den erklärten Zielen des 1962 gegründeten CFDA gehörten: 1. die Verankerung des Modedesigns als eine anerkannte Sparte der amerikanischen Kunst und Kultur; 2. die künstlerischen und professionellen Standards der Branche voranzutreiben, ethische und professionelle Standards einzurichten und zu pflegen, und 3. das öffentliche Verständnis und die Wertschätzung der Mode zu verbessern.

Großbritanniens Modeindustrie verfügt ebenso über einen Mode-Rat. Der British Fashion Council (BFC) wurde 1983 gegründet und hat sein Ziel, „London als einen der major players im internationalen Modezirkus zu etablieren“, seither durch wegweisende Initiativen, die Organisation von Modenschauen, Ausstellungen und anderen Events zur Förderung der britischen Modeindustrie, vorangetrieben.
Zuletzt beispielsweise „Britain Creates„, denn was bietet sich besser an, auf das kreative Potential des Landes aufmerksam zu machen, als wenn die Welt schon zu Gast ist, wie dieses Jahr zu den Olympischen Spielen?

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Internetauftritt des British Fashion Council

Auch Italien hat einen solchen Dachverband, die Camera Nationale della Moda Italiana (CNMI), gegründet 1953 als Non-Profit Organisation, die die „höchsten kulturellen Werte der italienischen Mode“ vertreten soll.
Das Ziel des Verbandes, auch hier, ist der Schutz, die Koordinierung, und das Stärken des Images der italienischen Mode, sowohl im Inland als auch international.

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Internetauftritt Camera Nationale della Moda Italiana

In Frankreich übernimmt dieselbe Funktion die Fédération française de la couture, du prêt-à-porter des couturiers et des créateurs de mode (Link). Die Fédération, bekannt für ihre harten Auswahlkriterien für Designer und Presse zu den Pariser Schauen, hat als Hauptziel, Paris als Modestandort Nummer eins zu bewahren.
Dafür organisiert sie die Schauen, fördert junge Labels und Designer, kümmert sich um die Pressekontakte, und andere Belange, wie zum Beispiel geistiges Eigentumsrecht.

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Fédération française de la couture, Fashion Shows

Alle vier dieser Organisationen stehen miteinander in Kontakt und sprechen sich u.a. über ihre Schauenkalender ab. Alle vier fördern mit verschiedenen jährlichen Awards junge, aufstrebende Designer, und ehren solche, die sich um die jeweilige Mode des Landes verdient gemacht haben.
Alle vier haben die führenden Köpfe ihres nationalen Modebusiness in ihren Gremien sitzen, Leute also, die nicht nur wissen, wovon sie reden, sondern es auch umsetzen können.

Berlin und Deutschland fehlt genau das, eine zentrale Organisation, das sich darauf fokussiert, die deutsche Mode im In- und Ausland, wenn das Wort erlaubt ist, cool zu machen -zu branden- und somit eigenes Kulturgut zu fördern, anstatt sich an anderen Ländern zu orientieren, oder fragwürdiger noch, das eigene herunterzumachen.
Es bräuchte nur einen starken Interessenverband, nach den oben aufgeführten Vorbildern, mit Wirtschaft, Kultur und Politik assoziiert, und in dem deutsche Modefachleute sitzen.
Warum nicht, wie beim CFDA mit Diane von Fürstenberg, beispielsweise eine Jil Sander als Präsidentin?
Das Potential ist da.