Warum Bonnie Strange?

bonnie-strange1
Bonnie Strange

Als Bonnie Strange vor einigen Saisons mit ihrer Model-Girl Group „The Rio Girls“ in aufeinander abgestimmten Outfits auf der Fashion Week auftauchte, kratzte sich manch einer verwirrt am Kopf. Wer sind denn die? Warum werden die so viel fotografiert?“- Das ist doch die eine von Germany’s Next Topmodel“ flüsterte der Sitznachbar, „Nee, das ist die Freundin vom Ochsenknecht-Sohn“ raunte ein anderer. Mittlerweile fragt keiner mehr.
Bonnie Strange ist omnipräsent. Sie ist Model, Party-Girl, It-Girl, Bloggerin, Fotografin, Dauergast auf Street-Style Blogs und neuerdings Designerin.
Ein Fashion Event ohne ihre pinke, blaue oder orangene Mähne – unvorstellbar. Doch warum? Und warum gerade jetzt?

6501935199_2f35861a2a_b.jpg

Bonnie Strange ist, ähnlich wie übrigens Lady Gaga, Katy Perry, oder vielleicht Daphne Guinness, eine Kunstfigur – und die sind momentan in. Die bunten Haare, die abgerockte Über-Avantgarde Optik, der subversive Umgang mit Style und Symbolik, der Eklektizismus ihrer Outfits, all das macht diese postmodernen Stilikonen der 2010er Jahre aus.
Diese „campy-ness“, die das Leben in Anführungszeichen setzt, wie Susan Sontag einmal formulierte, ist das, was den Appeal dieser Künstlerinnen ausmacht:
Camp sees everything in quotation marks. It’s not a lamp, but a „lamp“; not a woman, but a „woman.“ To perceive Camp in objects and persons is to understand Being as Playing-a-Role. It is the farthest extension, in sensibility, of the metaphor of life as theater.“

Und dieses Prinzip ist heute präsenter denn je. Allerdings war damals dessen Appeal, dass man Dinge, die ernst gemeint waren, mit der Camp-Brille betrachtete.
Mit der Postmoderne, insbesondere Punk, der jedes optische Tabu, sei es in Sachen Kleidung, Benutzung von sexuellen oder politischen Symbolen, Make-up oder Frisur gebrochen hat, bleibt nur der Rückzug in bereits Dagewesenes – Retro, Vintage, Ironie in artifizieller Verkleidung.

BONNIE STRANGE1.jpg

Hinzu kommt bei Bonnie Strange aber auch Talent. Dass relativ talentfreie It-Girls wie Kim Kardashian oder hierzulande Daniela Katzenberger medial Karriere machen können, weil sie Unterhaltungs-, „Content“-Wert haben, ist ausreichend bewiesen worden.
Doch das alleine ist es nicht, was Strange diesen Auftrieb gibt. Sie hat ein Gespür für das, was momentan cool, „Zeitgeist“ ist. Ihre Fotografie ist eine Collage, in der sie mit einem Augenzwinkern Kitsch und Kunst vereint. In ihrer Bildsprache greift sie auf Standards der Modefotografie zurück, vereint sie mit Hardcore-Hipstertum, Camp und Pop-Art. Pastiche im postmodernen Sinne.

bonniestrange_smokeme.jpg 5hearts_bonnie_strange.jpg

Susan Sontag formulierte, schon in den Sechzigern, ihr ultimatives Camp-Statement, und dies scheint Strange verinnerlicht zu haben, egal ob es um ihre Outfits, ihre Haare, oder um ihre Arbeit geht: „It’s good because it’s awful“.

Frei nach diesem Motto eröffnete Strange zur Fashion Week in Berlin einen Concept Store, genannt The Shit Shop, in dem sie auch eine Fashion Show ihres Labels The Shit zeigte. Die Kollektion bestand ausschließlich aus Showpieces, mit ironischen Aufschriften, Nieten, Straßsteinen, Lederimitat und Fake-fur, und die Models, die vorbildlich heterogen gecastet waren, wurden musikalisch begleitet vom 90er Hit „No limits“ von 2 Unlimited.

bonniestrange patrickmohr-1
Grenzgänger unter sich: Bonnie Strange als Model für Patrick Mohr

Bonnie Strange, Phänomen und Kind des digitalen Zeitalters, eine, und das ist besonders, deutsche Allrounderin und Kunstfigur, die vermeintliche Grenzen missachtet, oder sich nonchalant darüber hinwegsetzt.

Credits:
Bild 1,2: Strange Ambition
Bild 3,4,5: Bonnie Strange Photography
Bild 6: modabot