Der Mode-Zirkus – oder Blame it on the „Bloggers“

Der Mode-zirkus in den Tuilerien in Paris. Bild via

Der Mode-zirkus in den Tuilerien in Paris. Bild via

Die Ankündigung IMGs, in New York in Zukunft eine härtere Tür am Lincoln Center und in den neuen Off-Site Venues zu fahren, schlug die erwarteten digitalen und papiernen Wellen. Vielerorts gab es Verständnisbekundungen, insbesondere seitens jener, die sich auf der Seite der auserwählten Erwünschten wähnen. Nun scheint diese Entscheidung auf den ersten Blick sinnvoll, das Modebusiness lebt von einem exklusiven Image, in den vorderen Reihen der Branche darf eben nicht die x-beliebige kleine „Bloggerin“ mit Instagram-Account sitzen, sonst verliert das Brand und das Event selbst an Value. Doch stellt sich die Frage: Wo zieht man die Grenze und wer darf über diese entscheiden?

Vielleicht sollte man sich einmal die Zeit nehmen, die Diskussion kritisch zu hinterfragen. Streng genommen begann sie wohl in dem Moment, als Klein-Tavi mit ihrem überdimensionalen Schleifenhut neben Anna Wintour in der Front Row Platz nahm. Der Modeblogger als Untergattung des Modejournalisten war geboren. Geringe Hürden und große Zukunftsaussichten machten das Berufsbild für viele, überwiegend junge Mädchen, sehr attraktiv und so gab es innerhalb kürzester Zeit eine sehr große Anzahl neuer Modeblogs, unter denen sich einige hervortaten (oder Glück hatten) und Einladungen zu Modenschauen bekamen – und andere wiederum nicht. (Einige bekamen vielleicht Einladungen, bevor sie sich hervortaten und hatten dadurch die Chance, zu wachsen und eine Susie Bubble oder Leandra Medine zu werden) Ob ein Blog nun gut ist oder nicht, liegt nicht nur in dessen Besucherzahlen, sondern auch im Auge des Betrachters.

Fashion Bloggers Power List, Bilds via

Fashion Bloggers Power List, Bilds via

Scheinbar ist IMG aber der Ansicht, die Qualität von Blogs entscheiden zu können. Warum genau, erschließt sich nicht unbedingt. Die International Management Group (IMG) ist ein Konzern, der ursprünglich auf Rechtsberatung und Sportmanagement ausgerichtet war und mittlerweile der weltgrößte unabhängige Distributor und Produzent von im Fernsehen ausgestrahlten Sportevents. Zudem gibt es IMG Artists, IMG Models und IMG Fashion, welches verschiedene Modeevents rund um den Globus ausrichtet, darunter auch die Mercedes-Benz Fashion Weeks in New York und Berlin.

The Cost of BEing A Fashion Blogger, Bild via

The Cost of Being A Fashion Blogger, Bild via

Es stellt sich auch die Frage, inwiefern IMG tatsächlich das letzte Wort in Sachen Gästelisten hat. Zwar ist es so, dass IMG Akkreditierungen vergibt und auch verwehren kann, dies bezieht sich aber hauptsächlich auf den allgemeinen Zutritt zum Zelt und der Press Lounge. Zudem laden auch die Designer selbst, beziehungsweise deren PR-Agenturen, Presse-Gäste ein, die also ohne direkte Zustimmung von IMG zu einer Show kommen. Diese Agenturen wissen im Allgemeinen, wer für das jeweilige Label „wichtig“ ist – und wer nicht.

Strike a Pose, Bild via

Strike a Pose, Bild via

IMG entscheidet aber durchaus über die Vergabe von Tickets an eine andere Kategorie von Besuchern: an die Sponsoren. Unternehmen wie Vöslauer und DHL bekommen ein Kontingent an Karten, das sie dann nach Belieben verteilen können. Einige derer, die tatsächlich mit Mode nichts zu tun haben, und darüber hinaus Zutritt zum Zelt bekommen, fallen in diese Kategorie.
Alle anderen Branchenfremden müssen üblicherweise draußen bleiben und vor dem Zelt oder dem Lincoln Center herumlungern und auf Streetstyle-Fotografen warten – und das kann ihnen in einer Demokratie niemand verbieten, man kann aber natürlich die Nase darüber rümpfen und gemeine Artikel darüber schreiben.

Steertstyle-Fashion Blogger bei der Arbeit

Steertstyle-Fashion Blogger bei der Arbeit, Bild via

Die Kritik, den Fashion Week Zirkus betreffend, ist außerdem recht unentschlossen. Carolina Herrera äußerte vor kurzem die Kritik, die Fashion Week sei zu kommerziell geworden, zu sehr wie eine Messe, während die von Oscar de la Renta in die entgegengesetzte Richtung zu laufen scheint. Ihm sind die Massen an irrelevanten Modeopfern ein Dorn im Auge, die den „wichtigen“ Modemenschen die Arbeit schwer machen. Doch sind es nicht diese – nennen wir sie frei nach Suzy Menkes „Mode-Pfaue“ – die für den Konsum der vorgestellten Kleidung verantwortlich sind? Die „30,000 people, and 10,000 who are trying to take pictures of all of those people who are totally unrelated to the clothes.“ [WWD] sind doch am Ende seine Kunden oder regen zumindest den Umsatz an, indem sie die Streetstyle-blogs und Rubriken der Zeitschriften mit Designer-Outfits füllen.

Stylight & Mercedes-Benz Fashion Week Blogger Awards

Stylight & Mercedes-Benz Fashion Week Blogger Awards

Auch IMG selbst wirkt innerlich etwas zwiegespalten: in Berlin wird es im kommenden Januar einen Bloggeraward geben, in Zusammenarbeit zwischen Stylight und der Mercedes-Benz Fashion Week. Dort werden in vier Kategorien Preise für die besten Blogs verliehen. IMG hat also nichts gegen Blogger an sich, nur fasst der Begriff eben alles, vom Pinterest-Pinnwandbesitzer bis hin zu Bryanboy.
Die Modebranche in Kombination mit dem Internet, scheinen ein Monster geschaffen zu haben, welches sie nun nicht mehr zu bändigen wissen, und welches keinen eindeutigen Namen hat. Durch die Demokratisierung der Mode ist es schwer geworden, zu trennen, wer welchen Beitrag leistet; wer um der Mode wegen und wer der Selbstdarstellung wegen da ist. Zumal für viele beides zutrifft.

In Zukunft muss hier wohl ein Weg gefunden werden, der für alle Sinn macht. Doch scheint es sinnvoll, die Designer jeweils selbst entscheiden zu lassen – zielgruppengerecht-  anstatt dies übergreifend seitens des Veranstalters regeln zu lassen.