A Life in Pictures: Charles Frederick Worth

Charles Frederick Worth, Etikett

Charles Frederick Worth, Etikett. Bild via

Charles Frederick Worth setzte in dreierlei Hinsicht Maßstäbe: er gilt als Begründer der Haute Couture, führte eine frühe Form des Marketings und Brandings ein und führt auch die Riege der englischen Designer an, die ihren großen Durchbruch und Erfolg auf französischem Boden erlebten.

Charles Frederick Worth kam am 13. Oktober 1825 als ältestes von drei Kindern im englischen Bourne, Lincolnshire, zur Welt. Seine Ausbildung absolvierte Worth in exklusiven Londoner Stoffgeschäften wie Swan & Edgar und Lewis & Allenby. Dort erwarb er umfassende Kenntnisse hinsichtlich der Stoffe, ihrer Herstellung und Qualität und kam auch erstmals mit Schnittmustern in Kontakt.
Die englische Mode war zu dieser Zeit sehr ländlich geprägt. Man verbrachte viel Zeit an der frischen Luft, die Kleidung wurde diesen Anforderungen angepasst. Aber Worth hatte mehr im Sinn: Seine Zielgruppe waren die Damen der Gesellschaft und der Aristokratie, die gern in den Luxus exklusiver Kleider investierten.

Charles Frederick Worth,

Charles Frederick Worth und zwei seiner Kreationen, Bild via

Mit dieser Vision ging er 1845 nach Paris. Er fand eine Anstellung im führenden Geschäft für hochwertige Stoffe, Gagelin, wo er erstmals auch eigene Kreationen schneiderte. Im Gagelin lernte er seine zukünftige Frau Marie Vernet kennen. Sie führte als Verkäuferin und „Model“ den Kundinnen Kreationen wie Hüte und Schals in Worths selbst entworfenen Kleidern vor und trug später die Entwürfe im Laden, bei Besuchen von Kundschaft und bei offiziellen Anlässen.
Sein kommerzieller Erfolg brachte ihm die Teilhaberschaft an Gagelin, es brauchte jedoch noch einiges an Überzeugungsarbeit, um das Angebot um die Kleiderproduktion zu erweitern. So ist es nicht verwunderlich, dass Worth sich für einen eigenen Salon entschied, in dem er sich auf Abendkleider spezialisierte und den ersten Schritt in die Selbstständigkeit wagte, mit der Hilfe eines gut situierten Herren aus Schweden, Otto Bobergh. Der Name des Modehauses: Worth et Bobergh in der Rue de la Paix.

Abendkleid, Worth und Bobergh, ca. 1862-65

Abendensemble, Worth und Bobergh, ca. 1862-65

Umsichtiger Geschäftsmann und gewiefter Stratege der er war, erkannte Worth schon früh die Wirkung von Werbung und begann mit dem, was wir heute als Marketing bezeichnen. Durch Neuerungen im Pressesektor war es möglich, die Kleider international bekannt zu machen und dadurch ein größeres Klientel zu anzuziehen. Besonders in Nordamerika erwachte ein gesteigertes Interesse an Worths Entwürfen.
Worth verzichtete auf die bisherige Praxis, die Kundin daheim aufzusuchen, um die Entwürfe anzupassen, sondern bestellte sie in seinen Salon. Dabei kam es schon vor, dass er Kundinnen abwies, die er als nicht passend für seine Kreationen erachtete. Aber Worths Arbeitsweise unterschied sich noch in mehr von jener anderer Schneider. Er kreierte nicht mit der Kundin zusammen das Kleid, sondern entwarf durch variable Schnittmuster bereits fertige Modelle, bei denen die jeweilige Dame nur Stoff und Verzierungen wählen musste. Jede Saison wurden die Entwürfe an Mannequins präsentiert. Damit wurde der Schneider zum Modemacher und Künstler.
Das Ansehen des Berufes in der Gesellschaft stieg mit Worth´s Arbeit, sein Geschmack setzte Maßstäbe für die gehobenen Schichten. Die Kleider wurden in einem Haus gefertigt, von Schneiderinnen zugeschnitten, genäht und verziert. Erstmalig versah ein Designer seine Entwürfe mit seiner Signatur, die Kleider mit einem Etikett.

Brautkleid, Charles Frederick Worth, 1893

Brautkleid, Charles Frederick Worth, 1891-3

Es blieb nicht aus, dass die europäischen Königshäuser auf Worth aufmerksam wurden. Lange Zeit verantwortete er die Kleidung von Fürstin Metternich aus Österreich, Königin Victoria von England und Kaiserin Elisabeth von Österreich sowie seiner Stammkundin, Kaiserin Eugénie von Frankreich.

Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn, Gemälde von Franz Xaver Winterhalter, Kleid von Charles Frederick Worth, 1865

Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn, Gemälde von Franz Xaver Winterhalter, Kleid von Charles Frederick Worth, 1865

Die in London erlernte Schnitttechnik half ihm dabei, die Kleider besonders gekonnt und körpernah an den Oberkörper der Kundinnen anpassen.
Die Stoffe, die Worth verwendete, waren von herausragender Qualität. Worth´s Lieblingsstoffe waren Seide, Satin und Tüll. Erstere bezog er von den Seidenfabriken in Lyon, welche außergewöhnliche Stoffe produzierten. Er nutzte erstmals synthetisch hergestellte Farbe für seine Stoffe und kreierte damit intensiv leuchtende Kleider.
Auch stilistisch galt Charles Frederick Worth als tonangebend. Die Silhouette der Kleidung veränderte sich auch auf Grund seines Einflusses von der ausladenden Krinoline (Reifrock) zur ovalen, vorn abgeflachten Krinoline, von der schmalen Prinzess-Linie zur Turnüre, einer Verstärkung oberhalb des Hinterteils, über der das Kleid getragen wurde. Und – shocking – er kürzte die Rocklänge bis auf Knöchelhöhe.

Walking Dress, House of Worth, Charles Frederick Worth, ca. 1876-82

Walking Dress, House of Worth, Charles Frederick Worth, ca. 1876-82

CI48.65.6ab_F

Abendkleid, Charles Frederick Worth, ca. 1880

Abendensemble House of Worth, Charles Frederick Worth, ca. 1888

Abendensemble House of Worth, Charles Frederick Worth, ca. 1888

Die Gründung einer Institution, die heute fast noch so in ihren Grundsätzen besteht, die Chambre Syndicale de la Couture Française , ist ein weiterer Verdienst Worths. Im Jahre 1868 organisierte sich die französische Haute Couture zu dieser weltweiten Vertretung der Interessen des Schneiderhandwerks.
Obwohl Worth seine größten Erfolge in Frankreich feierte, steht er nicht ausschließlich für die französische Mode, denn seine gut fundierte Ausbildung und seine Visionen brachte er aus England mit. Paris bot ihm jedoch die Möglichkeit, seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen und die Kreativität auszuleben. Englische Schneiderkunst traf auf französisches Modeverständnis. Ein Erfolgsgeheimnis, welches bis in die heutige Zeit aktuell ist.
So zeigte Vivienne Westwood ihre Kreationen als erstes in Paris; Galliano und der leider zu früh verstorbene McQueen wurden an berühmte Luxushäuser wie Givenchy und Dior geholt; Stella McCartney und Phoebe Philo polierten das Image des französischen Traditionshauses Chloé wieder auf.

Nach dem Tode Worths im Jahre 1895 übernahmen seine beiden Söhne Gaston-Lucien und Jean-Philippe das Modehaus, anschließend übernahm der Enkelsohn Jaques und schließlich Urenkel Jean-Charles. Unter zunehmendem Konkurrenzdruck wurde das Haus 1950 verkauft. Mit der Pensionierung von Urenkel Jean-Charles endete die Familiendynastei, 1956 zeigte das ursprüngliche (nicht das in 1999 wiederbelebte) Haus die letzte Coutureshow.

House of Worth, Jean-Philipe Worth, ca. 1910

House of Worth, Jean-Philipe Worth, ca. 1910

31.23a-b_front_CP4

House of Worth, Jean-Philipe Worth, ca. 1898

House of Worth, Jean-Philipe Worth, ca. 1902

House of Worth, Jean-Philipe Worth, ca. 1902

60.189.2a-b_CP3

House of Worth, Roger Worth, ca. 1940

Text: Claudia Baldauf/ Barbara Russ
Bilder, wenn nicht anders ausgewiesen, via Metropolitan Museum Archive