Drei Fehler die (fast) alle Modelabels am Anfang machen – ein Ratgeber

Akademie Mode und Design, 4. Semester Abschlussarbeiten, in der Franklinstra§e Berlin

Immer wieder heißt es, als Gründer/in eines Modelabels könne man unendlich viel falsch machen, doch das stimmt so nicht. In Wirklichkeit sind es eigentlich nur drei große Fehler, die am Anfang lauern und die man unbedingt vermeiden sollte.
Ein Ratgeber von Alexander Bretz.

Die Einzigartigkeits-Falle:
Der Markt wartet nicht auf Dich und Dein Label; dass Du selbst Deine Mode für unverwechselbar hältst, bedeutet nichts, solange Du keine Käufer findest.
Oder in den Worten von Dries van Noten, der Designer mit Konditoren vergleicht: „Du kannst die allerschönsten Kuchen backen und ganz viele davon. Aber wenn sie nicht wirklich schmecken und die Leute sie nicht essen, dann hat es keinen Sinn, sie zu backen.“
Für den Berufsstart heißt das: je besser Du weißt, wer warum Deine Sachen kaufen will, desto besser. Und dabei zählt nicht die hübsche Zielgruppenbestimmung durch Dich („gut verdienende Frauen im Alter zwischen 16 und 56 Jahren“) oder unverbindliche Meinungsäußerungen in Foren oder Blogs („das Kleid ist so traumhaft, ich muss es haben“), sondern nur die einzig aussagekräftige Form von Marktfeedback: was reale KäuferInnen wollen. Also: Kennst Du Deine KäuferInnen? Weißt Du, zu welchem Anlass sie Deine Teile anziehen und mit welchen anderen Teilen sie sie kombinieren?
Wenn Du das nicht weißt, dann arbeite daran – das ist unbedingte „ChefInnensache“. Und dann richte Dich danach, auch wenn es im ersten Moment Deinen künstlerischen (oder sonstigen) Überzeugungen widerspricht.

Die Ungedulds-Falle:
Erfahrungsgemäß brauchen Modelabels ca. 5 Jahre bis zum Erreichen des Break-Even-Points (d.h. bis die Einnahmen die Ausgaben überhaupt einmal decken) und danach noch einmal etwa weitere 5 Jahre, um wirklich rentabel zu arbeiten (bis also echter Gewinn entsteht).
Und ja – es gibt Ausnahmen. Aber nur ganz wenige, und die lassen sich meistens auf bestimmte Ausnahmefaktoren zurückführen, z.B. dass am Start viel Geld bereit steht.
Aber wer hat das schon? Und selbst wenn, ist das auch nicht so ohne, denn es zwingt Dich nicht, am Anfang die notwendigen Anpassungen vorzunehmen, die sich aus den niedrigen Einnahmen ergeben: Nichts ist so lehrreich wie kein Geld zu haben.
Dass Du diese Phase nicht schön findest und demzufolge versuchst, möglichst früh Investoren zu finden, ist verständlich. Aber es ist nicht besonders klug, denn so verkürzt Du nicht nur den erwähnten Anpassungszwang, sondern verhökerst auch viel zu früh für einen viel zu niedrigen Preis das Beste was Du hast: deine Substanz, nämlich Anteile an Deinem Geschäft. Anteile, die Du später nicht wieder zurückbekommst.
Auf lange Sicht am besten funktionieren Unternehmen, die sich selbst aus ihren Verkäufen finanzieren.

Die Alltags-Falle:
Es ist leicht, sich mit dem alltäglichen Krimskrams von dem abzuhalten, was wirklich wichtig ist: Die neue Kollektion muss konzipiert werden, und gleichzeitig läuft noch die Abwicklung der Vorkollektion: Telefonieren, Recherchieren, Stoffe bestellen, Ware annehmen, Kisten packen, dazwischen ein paar Skizzen.
Das, was Du als komplette, nur schwer zu bewältigende Hektik kennenlernst, ist in Wahrheit ein Luxus. Und zwar der Luxus, sich nicht auf das wesentliche konzentrieren zu müssen. Ein Luxus, den Du Dir nicht leisten kannst. Denn gerade am Anfang, wo alles noch nicht so rund läuft, musst Du Dich immer wieder auf Deine strategische (Weiter-)Entwicklung konzentrieren.
Strategisch ist dabei eine Zukunftsperspektive von ein bis fünf Jahren. Für die Du zum Beispiel studierst, wie andere Labels es geschafft haben, welche richtigen (und falschen) Entscheidungen sie getroffen haben und ob sich diese Lehren auf Deine Gegenwart übertragen lassen (das ist nicht nur wegen des Internets immer fraglich).
Und für die Du Deine Kreativität nicht nur auf Dein Produkt, sondern auch auf die Entwicklung und die Abläufe in Deinem Modelabel anwendest. Nur wenn Du dauerhaft strategisch denkst und das durch ständiges Üben zur regelmäßigen Beschäftigung machst, hast Du eine Chance.

Alexander Bretz ist Rechtsanwalt und Studiengangsleiter Modemanagement an der MD.H Mediadesign Hochschule Berlin.
Darüberhinaus ist er der Autor der Bücher „Erfolgreich als Designer – Designrechte international schützen und managen“ und „Become a Successful Designer – Protect and Manage Your Design Rights Internationally“.

Photo Credit: Modabot