Passt das? Alexander Wang und Balenciaga


Natasha Poly und Alexander Wang, Bild via

Die Gerüchte um den Nachfolger Nicolas Ghesquières bei Balenciaga verdichten sich: Purple, Fashionista und nun auch Cathy Horyn berufen sich auf Quellen, die bestätigt haben sollen, Alexander Wang sei der Auserwählte. (Update: Der Ernennung ist bestätigt worden.)
Doch passt das überhaupt? Wofür steht Balenciaga, wofür Alexander Wang und was kann das zusammen ergeben?

Wang ist eines der Wunderkinder der derzeitigen amerikanischen Mode. Seine Ästhetik: Edgy, maskulin, ein bisschen Grunge und Rock. Man assoziiert mit ihm die Farbe Schwarz, raffiniert-minimalistische Schnitte, und eine non-chalante Coolness.
Geboren in San Francisco kam Wang zum Studium am Parsons Institut nach New York, allerdings schloss er dieses nicht ab. Er war, mit gerade einmal 19 Jahren, bereit, es auf eigene Faust zu probieren – und fand in Anna Wintour eine tatkräftige Unterstützerin.


Wang, Resort 2013

Diane von Fürstenberg wurde ebenso zur Wang-Anhängerin, nachdem er 2008 den CFDA/Vogue Fashion Fund Award gewonnen hatte. Über die Kollektion, die er dort im Showroom zeigte, sagt sie: „The clothes were simple. There wasn’t very much, but every piece was strong – it had a point of view, a reason to be.“ Mit den Königinnen der amerikanischen Mode auf seiner Seite, stieg Wang binnen weniger Jahre zum Thronfolger ebendieser auf.


Vintage Balenciaga, Bilder via und via

Auch Cristóbal Balenciaga hatte blaublütige Unterstützung: In seiner Heimat Spanien machte er sich als Designer unter anderem für die königliche Familie einen Namen, bevor er 1937 nach Paris umzog, um dort sein Couturehaus zu gründen.
In den Nachkriegsjahren bildete Balenciaga das Gegengewicht zum New Look Christian Diors, seine Designs waren stromlinienförmig, nicht kurvig; er veränderte den Körper der Frau, verschob die Taille in einer Saison nach oben, in der nächsten nach untern, oder ignorierte sie ganz, statt die Sanduhrsilhouette nachzuahmen, die Dior propagierte, und die an die Mode vor der Jahrhundertwende orientiert war.
Kurz, Dior war Barock, Balenciaga Bauhaus.



Vintage Balenciaga, Bilder via und via

1953 entwarf er das sogenannte Balloon Jacket, das Must-Have der Saison, 1957 folgte ein Designklassiker, der auch heute noch oft kopiert wird: das Babydoll mit Ballonrock. Die Duchess of Windsor, Pauline de Rothschild, und Gloria Guinness schätzten seine Entwürfe für die kleinen aber feinen Unterschiede: seine abstehenden Krägen verliehen dem Hals schwanengleiche Eleganz, seine 7/8 Bracelet-Ärmel ließen Raum um ein zartes Handgelenk und teuren Schmuck zu präsentieren, abgeformte Schultern, und Hüftpartien überformten den weiblichen Körper. 1968 schloss Balenciaga sein Haus, 74-jährig. Er verließ die Bühne als einer der einflussreichsten Couturiers seiner Zeit, Dior soll über ihn gesagt haben, er sei „unser aller Meister“.


Balenciaga, Sommer 2008 und 1959. Bilder via und via

1986 kaufte die Jaques Bogart S.A. die Rechte an Balenciaga und brachte eine Ready-to-Wear Linie heraus, die von Michel Goma designt wurde, darauf folgte fünf Jahre später Josephus Timister, unter dem auch Nicolas Ghesquière als Lizenzdesigner dort zu arbeiten begann. 1997 wurde er zum Chefdesigner ernannt.


Balenciaga, S/S 2013 und 1959

Mittlerweile in den Händen der Gucci Group, blieb Ghesquière Kreativdirektor des Labels und bestimmte für 15 Jahre den Stil von Balenciaga. Seine Handschrift brachte das Label wieder auf Erfolgskurs: die DNA des früheren Meisters, ins Heute übersetzt.
Besonders Ghesquières messerscharf geschnittenen Hosen und seine schmalen Jacken zeichnen den Designer aus, besonderen Erfolg genoss seine motorrad-inspirierte Tasche namens Lariat.


Balenciaga H/W 2008, Bild via

Wang also scheint eine passende Wahl, vergleicht man seine Designs mit jenen Ghesquières. Beide verstehen Schnitt, können Rock-Glam mit Schneiderhandwerk verbinden, beide spielen gerne mit Volumen und Silhouetten, ähnlich wie Cristobal Balenciaga selbst.


Balenciaga, S/S 2013; Wang S/S 2013 Bilder via und via

Wang dürfte also, trotz etwas weniger Erfahrung, eine ähnliche Linie wie Ghesquière halten. Was ihm bisher, zumindest scheint es so, gänzlich fehlt, ist die Eleganz, die mit Balenciaga und mit französischen Couturehäusern allgemein in Verbindung gebracht wird.


Wang, Resort 2013


Wang, Pre-Fall 2012

Doch bringt er auch zusätzliche Vorteile: Er versteht und bedient die junge Kundin, kann also einen mitwachsenden Kundenstamm liefern; seine Schnitte sind aber reduziert und distinguiert genug, auch reifere Frauen anzusprechen, und vor allem gut aussehen zu lassen.
Seine Ästhetik ist etwas sportlicher und weniger feminin als die von Balenciaga, es bleibt abzuwarten, ob dieses Element beim französischen Traditionshaus Einzug finden wird, oder ob sich Wang anpassen muss.
Dazu hat Wang bereits eine breite Fangemeinde, die man als Balenciaga-Kundschaft gerne sehen wird, insbesondere aus den USA.