Hollywoods Designer – Die Macht des Kostüms

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Sketche von Kostümdesignerin Edith Head für Audrey Hepburn und Grace Kelly

Im Februar werden sie wieder verliehen, die Ehrungen für die Crème de la Crème des amerikanischen Films, die Oscars. Darunter sind, neben Schauspielern, Regisseuren, Drehbuchautoren und Musikern, auch die Kostümbildner.
Eine spannende Geschichte verbirgt sich hinter diesem Metier: Kostümbildner sind die Kreateure des ersten Eindrucks, sie kennen die Charaktere ihrer Filme und übersetzen diese in ihre Sprache: Textil. 

Der erste Kostümbildner, der in einem Film namentlich aufgeführt wurde, war Louis J. Gasner, ein französischer Filmemacher, der 1916 in den Credits eines Films auftauchte – zuvor hatten die Schauspielerinnen, wenn es sich nicht gerade um einen historischen Film handelte, in ihren eigenen Klamotten performt.
Die Rolle der Kostümbildner ist kaum zu überschätzen, denkt man doch, wenn man an einen Film denkt, zuerst an bestimmte – in den meisten Fällen bekleidete – Charaktere.
Was wäre Breakfast at Tiffany’s ohne das kleine oder große (siehe oben) Schwarze, Judy Garland ohne ihre Ruby Slippers, Cary Grant oder James Bond ohne Anzug?

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Edith Head mit Audrey Hepburn und Sean Ferrer

Die beiden bekanntesten Archetypen des Kostümbildners sind sicherlich Adrian und Edith Head, und es ist kein Zufall, dass ihre Schaffensperioden in die goldene Zeit des Hollywoodfilms fallen. Die 1930er, 40er und 50er brachten ikonische, mythische und sagenumwobene Legenden der Leinwand hervor. Edith Head und Adrian bastelten fleißig daran mit, dass Bette Davis, Joan Crawford, Greta Garbo, Katherine Hepburn, Audrey Hepburn und Grace Kelly noch heute „larger than life“, und sicherlich souveräner und eleganter wirken, als alle darauf folgenden Leinwandheldinnen.

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Adrian und Greta Garbo, Katherine Hepburn in Philadelphia Story. 

Adrian war Sohn jüdischer Einwanderer, geboren 1903, der seine Karriere im New Yorker garment district begann, und sich bei MGM ganz nach oben arbeitete. Wenn man dem Internet glauben will, so ist seiner beruflichen Beziehung mit Joan Crawford die schulterbetonte Silhouette der 1930er Jahre zu verdanken. Anstatt Crawfords breite Schultern als Manko zu sehen und zu verstecken, betonte er sie mit Schulterpolstern.
Bei ihm drehte sich alles um Glamour, seine Kreationen halfen den Frauen mittels Eskapismus und Täumereien durch die harten Jahre der Weltwirtschaftskrise.
Das Kino der 30er Jahre war deshalb so von Luxus geprägt, weil es der einzige Luxus war, den sich die Massen leisten konnten.

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Sketche von Edith Head für Audrey Hepburn und Elizabeth Taylor.

Im Gegensatz zu Adrian propagierte Edith Head, die als Kostümbildnerin bei Paramount arbeitete, eine Girl-Next-Door Ästhetik, die erst auf den zweiten Blick ihre Magie entfaltete. All About Eve, A Place in the Sun und Rear Window sind nur einige der Klassiker an welchen Head maßgeblich beteiligt war, insbesondere eine lange professionelle Beziehung mit Alfred Hitchcock hat ihre Spuren in der Populärkultur hinterlassen.

Aktuell nominiert sind Jacqueline Durran für Anna Karenina, Paco Delgado für Les Misérables, Joanna Johnston für Lincoln, Eiko Ishioka für Mirror Mirror und Colleen Atwood für Snow White and the Huntsman.

Costume designers oscarsDie Nominierten, Bild via

Jacqueline Durran war bereits für die Filme Abbitte (Atonement) und Stolz & Vorurteil (Pride & Predjudice) für den Oscar nominert, ist also auf historische Filme spezialisiert, und wie es scheint auch auf Keira Knightley.
Die Garderobe von Anna Karenina ist aber nicht historiengetreu, sondern höchst stilisiert und für heutige Augen adaptiert: Knightley trägt den ganzen Film über Chanel-Schmuck, und zwar auf dem Russland des ausgehenden 19. Jahrhunderts angemessen dekadente Art. Die Hüte sind vom Londoner Hutmacher Sean Barrett, die Kleider waren mehr vom New Look Diors und Balenciagas der 1950er inspiriert als von ihren Vorgängern.
Ein wunderbarer Kostümschinken, und aus  modischer Perspektive ist dies der interessanteste Nominierte, aber Durran verliert Punkte für das Verweilen in ihrer Comfort Zone.

Anna_Karenina_Costume Oscars Keira Knightleyanna_karenina Keira Knightley costumeKeira Knightley als Anna Karenina, Kostüme von Jacqueline Durran. Bilder via.

Paco Delgado arbeitete in der Vergangenheit meist an spanischen (Co-)Produktionen, wie Die Haut in der ich wohne, Biutiful und La Mala Educacion, mit.
Für Les Misérables kreierte er ca. 2200 Kostüme, allesamt orientiert an der Kleidung des frühen 19. Jahrhunderts. Die moralische und charakterliche Entwicklung des Protagonisten, Jean Valjean, visualisierte Delgado in den Farben und Materialien der Kostüme.
Der anfangs raue, ungehobelte Charakter verwandelt sich im Laufe des Films in einen Beinahe-Heiligen, dementsprechend wird auch sein Kostüm kultivierter, die Farben ruhiger, fast mönchsgleich.

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Russell Crowe in Les Misérables. Bild via.
Les Miserables Paco Delgado Costume Oscars Paco DelgadoLes Miserables, Nominiert für den Oscar in Kostümdesign. Bilder via

Joanna Johnston zeichnete für die Kleidung der Schauspieler in dem Historien-Biopic Lincoln verantwortlich. Wenn dieser mal nicht auf Vampirjagd ist, hat er nämlich ein Land zu führen, einen Krieg zu beenden, Sklaven zu befreien und Geschichte zu schreiben.
Die puritanische Vergangenheit der frühen Vereinigten Staaten ist freilich visuell nicht so aufregend wie das Russland einer Anna Karenina, aber First Lady Lincoln hat doch ein paar Trümpfe in Ärmel.

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Mary Todd Lincoln, Kostüme für „Lincoln“ von Joanne Johnston. Bilder via

Eiko Ishioka, die am 21. Januar in Tokyo ihrem Krebsleiden erlag, geht mit Mirror Mirror ins Rennen. Der Film von Tarsem Singh, mit dem sie eine lange professionelle Beziehung pflegte und unter anderem The Cell ausstattete, zeigt eine komödiantische Version des Streits zwischen der bösen Königin und Schneewittchen um das Label der „Schönsten im ganzen Land“.
Ishioka gewann bereits mit Bram Stoker’s Dracula im Jahre 1992 einen Oscar, sie gilt in Japan als eine der führenden Künstlerinnen auf den Gebieten Grafik Design, Art Direction und eben Kostümbild. Zuletzt bekam Heath Ledger 2008 einen posthumen Oscar verliehen.

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Eiko Ishioka, Kostüme für Mirror Mirror. Bild via
Mirror Mirror Julia Roberts Eiko Ishioka Oscar Costume Julia Roberts in „Mirror Mirror“, Kostüm von Eiko Ishioka. Bild via.
Mirror Mirror Julia Roberts Eiko Ishioka Oscar Costume
Julia Roberts in „Mirror Mirror“, Kostüm von Eiko Ishioka. Bild via

Colleen Atwood ist die höchstdekorierte unter den nominierten Kostümdesignern – sie ist zum zehnten Mal unter den Kandidaten, gewann bereits dreimal: mit Alice im Wunderland (2010), Memoirs of a Geisha (2005) und mit Chicago (2002).
Diesmal designte sie die Kostüme für Snow White and the Huntsman, die dunklere Version von Schneewittchen mit Kristen Stewart in der Hauptrolle.

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