Film: „A Single Man“ von Tom Ford

Sogenannte Multitalente gibt es heutzutage viele. Es scheint fast schon zum guten Ton zu gehören, dass eine Sängerin eine Parfüm-Linie kreiert, ein Schauspieler das Gesicht eines Modelabels wird, und dass sich ein Designer auch als Regisseur versucht.
Den meisten gelingt dieser Spagat eher nicht, und nur wenige schaffen es in mehreren Gebieten zu überzeugen.
Einem dieser Kreativen ist dieser Sprung jedoch gelungen – Tom Ford, ehemaliger Creative Director von GUCCI, hat mit seinem Erstlingswerk A Single Man sein grossartiges Regie-Debüt abgeliefert.

Der Film basiert auf dem gleichnamigen, 1964 erschienenen Roman von Christopher Isherwood, und handelt von einem einzigen Tag im Leben des homosexuellen Literaturprofessors George Falconer, dargestellt von Colin Firth. Jedoch spielt sich der Film nicht an einem gewöhnlichen Tag ab, sondern an dem Tag, an dem Falconer Selbstmord begehen will.
Seit dem Autounfall, bei dem sein Partner Jim ums Leben gekommen ist, leidet Falconer unter schweren Depressionen, und scheint die Lust am Leben verloren zu haben; er plant seinem Leiden ein Ende zu setzen, und sich mit einem Revolver zu erschiessen.
Sein Plan wird durch diverse Zwischenfälle immer wieder durchkreuzt, und schließlich schafft es einer seiner Studenten, der von dem Vorhaben herausgefunden hat, ihn endgültig davon abzubringen.
Als sich der Tag dem Ende nähert, erweckt Falconer den Anschein, wieder neuen Lebensmut gefunden zu haben, da stirbt er an einem plötzlichen Herzinfarkt.

Tom Ford gelingt mit seinem Werk das, was nur wenigen gelingt: einen Film zu erschaffen, der sowohl durch Tiefe und hervorragende Schauspieler den Zuschauer fesselt, als auch durch die äußerliche Schönheit und Ästhetik überzeugt.
Es ist unübersehbar, dass jemand wie in diesem Fall ein Modeschöpfer diesen Film inszeniert hat, jedes noch so kleine Detail, sei es der Schlafsack, in dem sich Falconer umbringen möchte, oder die Kücheneinrichtung seines Hauses, ist ästhetisch durchdacht, fast wie die Dekoration eines Schaufensters (nicht umsonst hat die englische Times A Single Man in ihre kürzlich veröffentlichte Liste der 25 modischsten Filme aller Zeiten aufgenommen).

Fords Kunstwerk kann fast wie einen Hochglanz-Bildband „durchgeblättert“ werden, jede einzelne Seite verdient es, eingerahmt zu werden.
Aber allein mit der Stimmigkeit der Oberfläche gibt sich Ford nicht zufrieden; ihre Entsprechung findet sie in der klugen und einfühlsamen Inszenierung, die Firth, Wunschakteur Fords für den Film, den Freiraum lässt, die Rolle seines Lebens zu spielen.

Lara Gräfen