Vladimir Karaleev´s neue Kollektion, welche er im Podewil Palais in der Klosterstraße in einer Installation präsentierte, bildete, wie erwartet, eines der ersten Highlights der Berlin Fashion Week. Die Models, wie schon in den letzten Saisons, in Reihen aufgestellt und romantisch dreinblickend, wiegten sich im Takt der Melodie, in Zeitlupe posierend.
Karaleevs Arbeit, gewohnt dekonstruiert, ephemer und poetisch, überzeugte durch Fragilität und Melancholie, doch kam in dieser Saison erstmals ein farblicher Ausbruch hinzu.
Die Kollektion, so Karaleev, sei noch nicht fertig, habe noch keinen Titel, und werde bis September für Paris weiter entwickelt.
Wieder einmal geht es um den Prozess des Werdens in seiner Kollektion, diesmal im buchstäblichen Sinne. Die spürbare Verletzlichkeit und Sehnsucht in seinen Entwürfen, für welche er bekannt ist, wurde allerdings in dieser Saison, ganz Karaleev-untypisch, durch Prints, in Form vergrößerter Blumen, und dann auch noch in Farbe, komplementiert.
Die psychologischen Tiefgänge vorheriger Kollektionen in Betracht ziehend, wie „Fremd“ für Sommer 2011, oder „Reformation“ für S/S 2012, könnte die plötzliche Farbexplosion Anstoß zu Spekulation geben. Wird Karaleev, der Denker, der Philosoph, der Beherrscher der traurigen Töne, etwa ausgelassen, gar fröhlich?
Oder geht es um eine weitere stoffliche Studie der menschlichen Psyche, diesmal nicht der Untiefen, sondern der Oberfläche? Die scheinbaren Widersprüche, die eine Person ausmachen, die Schwächen, die man zu verstecken versucht, die bei Karaleev, in Form von Nähten, von offenen Säumen oder widersinniger Asymmetrie aber nach außen gekehrt werden.
Die Kollektion scheint in sich gebrochen: dort die zarten, grau-weiß-altrosa Töne, die schematischen, gewohnten, Kreationen; auf der anderen Seite die bunten Farben, die Drucke. Wie die beiden Hälften eines Gehirns, wie zwei Seelen, die in einer Brust schlagen, so wirkt diese Kollektion, die ja noch nicht fertig ist, es bei Karaleev eigentlich nie und doch immer ist.