Berlin Fashion Week: Vladimir Karaleev – Entwicklungsstudien

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Anstelle einer Modenschau entschied sich Vladimir Karaleev, ein weiteres Designtalent der Berliner Avantgardszene, für eine Installation in der diesjährig neu hinzugekommenen „Studio“-Fläche des Fashion Week Zeltes. Überhaupt scheint der Umzug ans Brandenburger Tor der Modewoche gut bekommen zu haben. Zusätzlicher Platz, ein weiteres Stockwerk und ein exponierterer, man könnte sagen, prominenterer Ort sind nur einige der Vorzüge der neuen Mercedes-Benz Fashion Week Location nach der Vertreibung vom Bebelplatz.

Zurück zur Installation. Die Models posierten in Karaleevs architektonisch-simplistischen Kreationen auf Podesten in der Mitte des abgedunkelten Raumes, wie bei einem sehr langsamen, introvertierten Fotoshooting, während Presse und Publikum um diese herumliefen, Fotos schossen und die Kollektion aus der Nähe betrachten konnten.

Die Kollektion mit dem Titel „Reformation“ macht ihrem Namen alle Ehre. Wie einst das Reformationskleid die Frauen vom Korsett befreite, so befreit Karaleev Futtermaterialien heute von ihrem Schattendasein und stellt sie in den Mittelpunkt. Stoffe, die normalerweise nicht sichtbar sind, werden sichtbar gemacht und nach außen gedreht. Dadurch entsteht eine schwer beschreibbare Fragilität, die die Trägerin ihrer gewohnten Oberfläche beraubt und Schichten der Persönlichkeit freizulegen scheint, die gewöhnlich auch unter einer Hülle verborgen sind.

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Karaleev schafft es immer wieder, scheinbar mühelos jene tieferen Aspekte der Psyche in den Fokus zu rücken, die üblicherweise von eben der Mode versteckt werden sollen. Obwohl dieser shabby Chic oft versucht wird, gelingt er nur sehr selten. Doch Karaleev darf offene, unversäuberte Kanten an seinen Stücken lassen, weil sie bei ihm eine Bedeutung haben.
Die nie fertige Person, die immer im Werden begriffen ist, spiegelt sich darin wieder. Auch das scheinbare Anhandensein von Schnitten, von einem Plan, verweist auf die Entwicklungsstadien einer Person, die durch Trial and Error immer weiter geformt wird, doch nie auslernt und statisch wird.
Eine gelungene Kollektion.

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