E-broidery – Intelligenz geht in Serie

Bei vielen Funktionstextilien macht man sich als Normalverbraucher kaum eine Vorstellung davon, wie viel Technologie dahinter steckt. Sie können Schweiß durchleiten, Wind und Regen abhalten oder pflegende Substanzen an die Haut abgeben und imitieren so Fähigkeiten, die die Natur verschiedenen Lebewesen geschenkt hat. Wearable computing indes geht noch einen Schritt weiter und bemüht sich, seinem Träger übernatürliche Kräfte zu verleihen, etwa indem man durch sie kommunizieren oder Informationen abfragen kann.

Das Problem dabei ist, dass die Anmutung und die Usability solcher Lösungen in den meisten Fällen leider nie den „Batman-Status“ überwinden. Für den Alltag sind sie nur dann legitim, wenn man sich auf das nächste Cosplay-Treffen vorbereitet. Insofern ist die Trauer unter den Modeanhängern nicht allzu groß, wenn fast alle Prototypen dieser Art ihre Existenz in einer Schublade fristen, da sie entweder zu teuer oder schlicht nicht kommerziell umsetzbar sind.
Vor diesem Hintergrund ist es geradezu epochal, was aus dem beschaulichen St. Gallen in der Schweiz zu vermelden ist. Die Stickerei Forster Rohner, verantwortlich für die schönsten Applikationen aus dem Hause Louis Vuitton, Givenchy und Marc Jacobs, hat ein Verfahren entwickelt, mit welchem sich jedwedes Textil zu einer stromleitenden Fläche machen lässt.
E-broidery heißt das eingetragene Patent mit dem leitfähige Garne auf ein Stoff gestickt werden, um elektronische Komponenten in und auf dem Textil zum heizen, leuchten, Solarstrom speichern und abgeben oder zum funken zu bringen.

Soft Sensors von Forster Roehner

Soft Sensors von Forster Rohner

Fabric Heating von Forster Roehner

Fabric Heating von Forster Rohner

Das Besondere: das Material bleibt wasch- und drapierbar. Da das Stickverfahren serientauglich ist, kann Forster Rohner seine Technologie nach regulären Konditionen auf dem Markt anbieten und zwar als erster weltweit. Jetzt müssen sich nur noch die richtigen Brands an das neue Verfahren trauen.

E-broidery von Forster Rohner in der Lumiere Corsage von Valisere

E-broidery von Forster Rohner in der Corsage Lumineux von Valisère

Dass es sich lohnt, beweist Valisère, eine französische Tochterfirma von Triumph, die sehr hochwertige Damenwäsche herstellt. Sie lanciert dieser Tage ihre „Corsage Lumineux“, die anstatt mit Steinchen durch dezent leuchtende LED-Blättchen glänzt. Für die Zukunft wünsche ich mir (und Forster Rohner) folgende Meldungen: Stella McCartney launcht Mantel mit aufwändiger Solarzellen-Applikation auf den Ärmeln, wodurch man mithilfe eines Kabels in der Innentasche Smartphones aufladen kann. Burberry entwickelt Trenchcoat, dessen Innenfutter sich per Knopfdruck auf angenehme Temperaturen bringen lässt. Fendi macht Neuauflage ihrer Baguette Bag mit GPS-Lining, sodass man sie getrost kurz beiseite legen kann, um sich was vom Flying Buffet abzugreifen.

Text: Fredericke Winkler