Emilia Tikka, „External Body“, S/S 2013
Während sich auf der einen Seite des Kommerz-Kontinuums die Mercedes-Benz Fashion Week Berlin befindet, versuchen die Avantgardisten und alternativ-kreativen Köpfe der Stadt auf der anderen Seite, mit ihren begrenzten Mitteln doch anspruchsvolle Veranstaltungen ohne überbordenden Ausverkauf möglich zu machen.
Ein Beispiel: Designer Scouts, ins Leben gerufen von Frank Schröder und Gina Dommermuth, die erneut mit ihrem Event zur Vielfalt der Berliner Fashion Week beitrugen.
Unter dem Titel Hiroshima Mon Amour zeigte das Label Marc Andersen eine Kollektion von Tüchern, die in limitierten Editionen hergestellt und in Como, Italien bedruckt werden.
Die leicht psychedelischen, für sich selbst stehenden und von Nu-Disco Music und der 80er Jahre Underground-szene inspirierten Drucke wurden durch eine tänzerische Präsentation in Szene gesetzt.
Marc Andersen, „Hiroshima Mon Amour“, S/S 2013
Franziska Michael zeigte eine schöne, feminine Kollektion in Fliedertönen und Pastell, mit kaleidoskopisch-floralen Drucken, gelungenen Schnitten und spannenden Silhouetten. Im Vergleich zu ihren Vorgängerkollektionen wirkte ihre Vision für S/S 2013 jedoch etwas abgespeckt. Zuvor fiel insbesondere der kreative Umgang mit Materialien und geometrischen Formen stärker ins Gewicht. Dennoch eine gelungene Kollektion.
Emilia Tikkas Kollektion External Body bildete das kreative Highlight der Designer Scouts Präsentation. Ihre in pfirsich- und nudetönen gehaltenen Entwürfe imitierten eine zweite Haut, die ja die Mode zweifelsohne per definitionem darstellt, und erhoben so die Funktion von Kleidung auf eine Meta-Ebene.
Die Silhouetten erinnerten an stoffliche Exoskelette um die Körperform ihrer Trägerinnen herum. Wie bei einigen Insekten, die durch diesen Panzer vor Angriffen natürlicher Feinde geschützt sind, so behüten die Kleider von Emilia Tikka die darunter verborgene Fragilität und Zerbrechlichkeit, sowohl der Nacktheit des Körpers ohne Kleidung, wie auch die der Psyche.
In einer Zeit, in der Social Media eine weitere solche Hülle um den wahren Kern, die Persönlichkeit einer Generation bildet – also einen externen, virtuellen Körper – scheint diese Kollektion besondere Relevanz zu haben. Durch raffinierte Einblicke und Cut-outs an Schultern und unter den Armen, verwiesen die Kreationen aber auch deutlich auf Lücken zwischen Außendarstellung, Abgrenzung und dem wahren, tief verborgenen und heute immer mehr versteckten Selbst.
Und trotz all der philosophischen Tiefe der Kollektion schafft es Tikka, schöne, durchaus gelegenheitstragbare Kleidung zu schaffen.
Emilia Tikka, „External Body“, S/S 2013
Laend Phuengkit, die Abschluss-Show des Abends bei Designer Scouts, und die einzige Herrenkollektion, rief gemischte Gefühle hervor. Die Gratwanderung zwischen den Kulturen, in der Kombination von westlicher Urbanität und asiatischen Einflüssen zum Ausdruck gebracht, ist fraglos eine schwierige für jeden, der sich dieser Herausforderung stellt.
Dies kam auch in den Entwürfen zum Ausdruck, die ungewöhnliche Silhouetten und geometrische Details mit offenbar naturbelassenen Stoffen vereinten, ständig auf der Kippe stehend zwischen interessant und seltsam anmutend. Letzen Endes blieb ein Eindruck von Befremdlichkeit, der zwar im Zusammenhang mit der Inspiration Sinn machte, der Kleidung aber auch an Anziehungskraft nahm.
Laend Phuengkit,“Silent City Of“, S/S 2013
Photos: Katja Hentschel