London Fashion Week for Beginners

lfw 022011-01

In den endlos scheinenden Straßen von London ticken die (Mode-)Uhren tatsächlich ein wenig anders. Zurecht als Modemetropole bekannt, zeigt sich die Stadt dieser Tage von ihrer oftmals schrillen, aber durchwegs stylischen Seite:
Ein Blick außerhalb der deutschen Grenzen auf die Regeln der englischen FashionSociety.

Eine fast unheimliche Masse an zurechtgemachten Menschen treibt sich im Zentrum herum, eilt in nicht selten für derartige Distanzen und einer Menge an Terminen unpassendem Schuhwerk, von Show zu Show, sucht, posiert, sieht und findet.

Die Looks sind so unterschiedlich wie die Menschen selbst, und machen die Eindrücke der Modewoche zu einem Erlebnis.
Zu bemerken ist dabei, dass die Aufmachungen der Besucher sich von einem Veranstaltungsort zum nächsten grob unterscheiden. Während sich im Herzen der LFW, im Somerset House, besonders stilsichere und „schöne“ Menschen tummeln, begegnet man an den Nebenveranstaltungsorten, On/Off (Mercer Studios) und Vauxhall Fashion Scout (Freemason Hall), oft auch skurillen bis vergebens bemühten Verhübschungen. Wo zum einen gelungene Designs von Wert sind, zählen beim anderen vor allem:
Auffallen um jeden Preis und sich in Szene setzen. Ob mit Form, Farbe oder ausgefallenen Accesoires, Beachtung scheint das höchste Gut, um nicht im Sumpf des Mainstreams zu versinken.

Das Outfit ist in England nicht zwangsläufig den Jahrezeiten bedingten Umständen angepasst. Der Mode zuliebe verzichtet man gerne auf angemessene Kleidung und setzt stattdessen auf den Reiz nackter Beine und Zehen, posiert (nicht zwangsläufig vor den Kameras) beispielsweise in einem Hauch von transparentem Nichts, oder versucht seine vor Kälte und Regen zitternden Glieder hinter viel Glitzer und markanten Ablenkungsversuchen, wie besonderen Hüten oder Taschen, zu verbergen.
Auch auffällig, ist die hohe Dichte an androgynen Paradiesvögeln.
„Männlein oder Weiblein?“, flüstert man teils belustigt aber häufig anerkennend.

Der Ablauf des Einlasses an den Toren der Showhallen beschreibt sich auch in etwas anderer Manier. So können sich Show-Einladungen gelegentlich als rein formale „Nett“iquette der jeweiligen PR-Agenturen herausstellen, und man wartet vergebens (mitunter mehr als 60 Minuten, dafür aber in einer mehr als zivilisierten und anständigen „queue“, einer nach dem anderen) auf den Eintritt zum Catwalk.
Heißbegehrt sind Tickets mit goldenen Sternchen oder purpurnen Punkten.
Eine Abstufung der Farben zeigt die Priorität des Gastes und verweist auf seine Berechtigung auf gute Sicht.

Trotz aller Professionalität lassen sich hie und da kleine Unsicherheiten in der Organisation und im Auftritt ausmachen, doch im Großen und Ganzen scheint alles gut vorbereitet und durchdacht.
Schön ist, dass die sogenannten Sideevents durch Botschafter wie BFC, Topshop, Vauxhall Fashion Scouts, etc. große Beachtung finden, gut kommuniziert sind, und weniger Nebenveranstaltungen, als eine Erweiterung der vermeintlich großen Designer-Shows sind.
Einige der Newcomer werden -zurecht- oft mit größerer Spannung erwartet, als so mancher Big Player.

Der britische Staat unterstützt seine Modewirtschaft nachhaltig; denn nur wer seine Kreativen fördert, schafft es, sich international als Modemetropole zu positionieren und treibt damit Wirtschaft und Tourismus stetig voran.

Zu entdecken gibt es überdies in der englischen Hauptstadt abseits der Shows immer wieder so einiges.
Märkte, zahlreiche neue Caf©s und Bars, trendige Einkaufsstraßen (besser gesagt: Viertel) und eine Unmenge schöner Plätze und Ecken machen London zu dem was es ist.
Etwas ganz Besonderes.

Claudia Oberaigner