Phase 2 – Herr von Eden im Interview

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Bent Angelo Jensen / Herr von Eden

Am Anfang war der Anzug; so könnte man das Label Herr von Eden beschreiben, das in der deutschen Modeszene durch seine Entstehungsgeschichte und kreative Vision eine besondere Stellung einnimmt: nach einem Start als Second Hand Store erfolgte die stetige Entwicklung hin zu einem modernen Herren- und Damenausstatter.
Der Mann hinter dem Label ist Bent Angelo Jensen, dessen persönlicher Werdegang -wie so häufig bei Modemachern- in der Entwicklung des Labels reflektiert ist.
So ist auch heute die konzeptionelle Ausrichtung an „Klassik“, und am „Klassiker Anzug“ nicht zu übersehen, ein Einfluss, der sich durch alle Kollektionen und Teile zieht.
Im Gespräch mit modabot spricht Jensen über die Entwicklung des Labels, den Unterschied zwischen Gentleman und Dandy, sowie über seine ehrgeizigen Pläne, eine neue Ära bei Herr von Eden einzuleiten.

Wer ist Herr von Eden?
Herr von Eden ist eine Gestalt, die jeder sein kann – mit anderen Worten ein Gentleman.

Wie würdest du „Gentleman“ definieren?
Für mich bedeutet es, kein negatives Ego auszuleben. Ich habe Knigge nicht gelesen, trotzdem fühlt es sich besser an aufmerksam zu sein und Rücksicht zu nehmen. Sicherlich ist es nicht pauschal festgelegt, sondern persönlich.

Wie bist du zu dieser Art auf die Welt zu schauen gelangt, insbesondere auch bezogen auf die modische Übersetzung?
Mit 14, hat sich für mich eine neue Welt aufgetan: Second Hand – sich mit wenig Geld modisch zu entfalten. An Mods orientiert habe ich für mich erkannt, dass dies ein Stil ist, den ich gut finde und bin langsam rein gewachsen.
Dabei war das Verhalten noch kein Thema, das „Herr von Eden“ Bild ist erst mit Gründung der ersten Boutique 1998 in die Welt gekommen und wurde zum persönlichen Leitfaden.
Wichtig war dabei eine Freundin die zu mir sagte: „ich glaube, es ist gut, wenn du erstmal alleine zurechtkommst“. Das habe ich mir zu Herzen genommen, und habe dann für mich definiert, wie komme ich denn alleine zurecht? Was bleibt aus einem Verhalten heraus, was möchte ich als Wert etablieren? Das war dann verbunden mit individuellem Stil, ich habe mich täglich gefragt: „was ziehe ich heute an“, ich liebe und lebe die Vielfalt.

Obwohl es auch ein Label ist, macht es den Eindruck, als ob Herr von Eden anderswo verortet ist als andere Labels.
Der Eindruck trifft ins Schwarze. Ich bin nicht über einen üblichen Weg in die Branche gekommen, also ohne Studium, sondern über einen sehr selbständigen Weg hineingewachsen; – das bringt häufig starke und erfolgreiche Charaktere hervor. Ich bin nicht in der Fashion-Szene verwurzelt und meine Kollektionen zeigen es. Ehrlich gesagt, bedauere ich es gelegentlich, kein Studium erarbeitet zu haben, weil ich das Gefühl habe nicht dazu zu gehören, kann ich so überhaupt Modeschöpfer sein?
Trends sind für mich generell etwas, dem ich kein Interesse schenken möchte.
So finde ich es schade, dass es allzu wenige Designer gibt, die einen eigenen Look haben. Ich verfolge ein langfristiges Ziel, und da kommt mein Werdegang sehr gelegen, die einen studieren Mode, ich habe mich zuerst etabliert, und mache jetzt erst „Mode“; dafür aber glaube ich, dass Herr von Eden in den nächsten Jahren mit zu den etabliertesten Modemarken gehören wird; ich möchte nicht vermessen klingen, aber ich sehe mich in 10 Jahren dort, wo Yves Saint-Laurent gewesen ist; mein tolles Team und ich fangen zwar jetzt erst wirklich an, haben aber besonders viel Potential.
Herr von Eden beginnt einen neuen Abschnitt.

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Wo siehst du für dich handwerkliche Defizite?
Ich glaube nicht, dass es mir an etwas fehlt – ich lerne in jedem Augenblick dazu. Meine Aufgabenbereiche sind klar definiert – dazu gehört keine Schneiderarbeit. Nach 15-20 Jahren Styling- und Unternehmenserfahrung besitze ich genug Gespür und Sicherheit, um meinem Look treu zu bleiben und weiter zu entwickeln, – ohne dabei Trends nachzujagen.

Warum diese Betonung des Anzugs bei Herr von Eden?
Persönlich finde ich, dass ein Mann im Anzug am elegantesten aussehen kann. Es ist ganz einfach das Kleidungsstück No.1 für den Herrn.

Mode als „Diskriminierungs“-Merkmal?
Ich würde es bestätigen. Die Kleidung sagt sehr viel über die Person aus. Wenn ich Revue passieren lasse, welche Personen ich in letzter Zeit habe kennen lernen dürfen, und was sie getragen haben, dann passt es meistens 1:1 – die Kleidung bringt Persönlichkeit und Stimmung, zum Ausdruck.
Es darf natürlich nicht dazu führen, dass man in Vorurteile und Wertungen verfällt. Ausgenommen sei, es bereitet Freude. Wenn jemand Kleidung trägt, die mir gefällt, dann bringe ich das gerne zum Ausdruck, wenn es nicht gefällt, blende ich es aus.

Wie kann man sich die Kollektionserstellung bei Herr von Eden vorstellen? Gibt es diesen konzeptionellen Ansatz/Grundidee wie bei vielen Labels?
Ich arbeite nicht sonderlich konzeptionell, und gebe mir bisher keine Themen vor. Es gibt stilistische Orientierungspunkte. Und so entsteht was zusammen gehört.
Wie vorhin erwähnt, fange ich erst jetzt an, Kollektionen zu entwickeln. Bis dato war ich zur Hälfte Kaufmann, zur Hälfte kreativer Produzent, eigentlich beginnt jetzt, bedingt durch den persönlichen und dem Reifegrad des Unternehmens, die Entwicklung zum Designer.

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Wie interpretierst du deine kreative Basis, die „Klassik“, neu für die Moderne?
Immer wieder neu.

Mit welchen Leuten arbeitest du zusammen, siehst du sie als erweiterte Familie?
Natürlich arbeite auch ich am liebsten mit Menschen, mit denen ich mich besonders wohl fühle. Und glücklicherweise ist es mit insgesamt allen 30 Mitarbeitern so, bei einem Kern-Team von 6-7 Personen, – darunter u.a. auch der extern arbeitende Fotograf Daniel Josefsohn.

Gibt es einen Unterschied zwischen einem Gentleman und einem Dandy?
Ein Dandy überschreitet auch Grenzen; er kann aber auch Gentleman sein. Ein klassischer Gentleman ist eher brav, hingegen ein Dandy ist ein selbstbewusster, lebenshungriger, mutiger, egozentrierter und nicht per se rücksichtsvoll.
Es gibt Tage, wo ich das Dandytum hochhalte, und Tage, wo ich es verurteile.

Stimmt der Eindruck, dass die Herr von Eden Ästhetik auch etwas Dunkles, Gefährliches ausstrahlt?
Es geht natürlich darum, Spannung und Intensität zu erzeugen, ganz wichtig sind aber immer auch die Gegenpole, so beispielsweise beim „DEAD MAN“ aus vorletzter Kampagne die magentafarbenen Blumen im Strohhut, – die ironische Körperhaltung in einem Bild, wo doch eigentlich die Totenkopfmaske dominant ist.
Herr von Eden überschreitet Grenzen. HvE ist kein biederbraver Herrenausstatter.

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Herr von Eden Kampagnen benutzen sehr interessante und ungewöhnliche Posen, aus welchen Einflüssen leiten sie sich ab?
Ich denke vieles aus strenger Erziehung und der Befreiung daraus. Humor spielt dabei eine wichtige Rolle.

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Was macht einen gelungenen Anzug aus?
Gute Schnittführung, gute Materialien, gute Verarbeitung.

What can Fashion do for People?
Freude am Leben, Unterstützung in schwierigen Zeiten, Unterstützung und Erweiterung des Persönlichkeit und Lebensgefühls.

Lebensmotto?
Sehr viel kann aus eigener Kraft erreicht werden, doch besonders schön wird es, wenn mit anderen geteilt werden kann.

Bent Angelo Jensen / HERR VON EDEN im Gespräch mit pd_modabot

Timeline Herr von Eden:
1998 gebrauchte Anzüge und Accessoires
2004 erste Damenkollektion
2007 Schmuck
2008 Parfüm
Stores in Hamburg, Berlin, Köln, München.