Buch: Pleats Please Issey Miyake

page_mi_miyake_pleats_please_09_1207121335_id_588871.jpg
Pleats Please Issey Miyake. Taschen. Werbekampagne, 2008. Fotos: Yasuaki Yoshinga.

Genauso vielseitig und faszinierend wie die ikonischen Kleidungsstücke aus Issey Miyakes Pleats Please Linie, so spannend ist auch ihre Entstehungsgeschichte, ihre Verwurzelung in der japanischen Philosophie, und die Kollaborationen, die das Brand über die Jahre gesehen hat: Fotografen, Guest Artists, Werbestrategen, prominente Kundinnen und sogar Sammler werden in dem Buch Pleats Please, erschienen im TASCHEN Verlag, auf eindrucksvolle und anschauliche Weise vorgestellt.

pleats please-11
Pleats Please Issey Miyake. TASCHEN

„Falten“ ist ein mannigfaltiges Wort in der deutschen Sprache.
Es kann sich auf Origami und Kinderbastelei beziehen, eine Art der Kunst, die wir sehr früh im Leben auszuüben lernen, ein haptisches Gefühl, mit dem wir alle gut vertraut sind: Knicken, Kanten mit dem Fingernagel feststreichen, mit unserer Fingerfertigkeit einen Eindruck im Papier hinterlassen, und dabei etwas Neues schaffen. Wenn man im Alltag Papier faltet, hat das meist eine praktische Komponente, man macht etwas passend: für einen Briefumschlag zum Beispiel, oder für eine Jackentasche.
Bedenkt man den kulturellen Wert von Papier für die Zivilisation, so ist das Falten von Papier beinahe Teil ein des modernen Menschseins.
„Falten“ zeichnen sich auch auf unseren Gesichtern ab, allerdings erst, wenn wir eine gewisse Reife erlangt haben. Sie sind Schönheitsmängel, Signal für den Verlust der Jugend, aber auch Zeichen von Weisheit und Wissen, erlangt durch Leben und geistiges Wachstum.
„Falten“ kann sich auch auf Stoff beziehen, das „in Falten Legen“ von Gewändern hat Tradition in vielen Kulturen, sei es die Toga, der Sari, der Kimono oder die Schürze.
Auch das Falten von Wäsche, gehört zu dieser Bedeutung – eine lästige, aber notwendige Aufgabe die zum Besitz von Kleidung gehört.
„Falten“ bezeichnet sowohl die Handlung des Faltens, als auch das Produkt dieser Handlung, die Falte.

page_mi_miyake_pleats_please_06_1206281118_id_481135.jpg
Pleats Please, Captured by Francis Giacobetti

Alle drei Bedeutungen zeichnet also eines aus: kulturelle und zivilisatorische Sophistication. Die Falte ist gleichsam das Zeichen für menschliche Errungenschaften auf verschiedenen Gebieten. Die Falte ist in der Mode so etwas wie die Relativitätstheorie in der Physik – furchtbar simpel und wahnsinnig kompliziert zugleich.
Seit den 1990er Jahren ist der Meister der Falte der japanische Modedesigner Issey Miyake, kein Wunder also, dass er einen beinahe mythischen Status genießt, den des intellektuellen Genies, ähnlich wie zuvor, in den 1910ern, Mario Fortuny mit seinem Delphoskleid, dessen geheimes Rezept, Seide permanent in Falten zu legen, bis heute nicht nachgemacht werden kann.

Einfacher ist das dauerhafte Plissieren, so die Fachterminologie für die thermische Verformung von Fasern, mit synthetischen Materialien. Außerdem lassen sich diese in größerer Breite herstellen. Fläche, die beim Plissieren in den Falten verschwindet, und bei Naturfasern auch ganz schön ins Geld geht. Miyake entschloss sich daher für Polyester, und wurde schließlich fündig beim japanischen Chemieunternehmen und Stoffhersteller Toray Industries. Ein Trikotstoff, Wirkware in Atlasbindung, die sonst als Innenfutter benutzt wurde, war es, für die sich Miyake entschied. Eigentlich ein No-Go.

Doch die Kollektion schlug ein. Miyake, der bereits in den Achtzigern zu den wichtigsten Designern seiner Zeit gehörte, hatte den Puls der Zeit wieder einmal erfasst. Frauen wollten geschäftlich und privat Bewegungsfreiheit in ihrer Kleidung genießen. Pleats Please ermöglichte eine bis dahin ungeahnte Flexibilität und war dennoch stets elegant und der Situation angemessen. Zusätzlich konnten die Kleidungsstücke nicht verknittern, eigneten sich also perfekt zum Reisen, und waren einfach in der Handhabung. Ein moderner Klassiker, dem zu Recht nun ein Buch gewidmet wurde.

cover_mi_miyake_pleats_please_1207201002_id_563759.jpg
Pleats Please Issey Miyake. TASCHEN

Das vorliegende Buch beschreibt in acht Kapiteln ausführlichst und informativ die Entstehung und den anhaltenden Hype um Pleats Please – das wirklich Besondere an dem Werk ist seine reiche Bildauswahl. Durch Zeit und Raum wird Pleats Please fotografisch dokumentiert, von den 90ern bis heute, von Japan bis nach Afrika, von der Produktionsstätte bis hin zum Recycling, still und bewegt, in leuchtenden Unifarben und bunt gemustert. Eine Freude für Geist und Auge.

Pleats Please Issey Miyake (u.a. bei www.taschen.com bestellbar)
Herausgeberin: Midori Kitamura
Flexicover, 19,6 x 24,9 cm,
576 Seiten,
€ 29,99
ISBN 978-3-8365-2575-6
Mehrsprachige Ausgabe: Deutsch, Englisch, Französisch