Alexander McQueen – Freitod eines Freigeistes

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Alexander McQueen RIP

„When I’m dead, hopefully this house will still be going. On a spaceship. Hopping up and down above earth,“ sagte McQueen vor Kurzem in einem Interview mit dem Love Magazine über sein Label.
Der Wunsch Alexander McQueens steht nun, nach seinem mutmaßlichen Selbstmord, ein wenig prophetisch und etwas schizophren im Raum. Genau wie seine letzten Einträge auf Twitter: Es sei eine verdammt schreckliche Woche gewesen, aber er müsse sich zusammenreißen und das Leben müsse weiter gehen.
Es fällt schwer, nicht von Hilferufen zu sprechen.

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die letzten Posts auf McQueen ́s Twitter Account (nicht erreichbar)

Lee Alexander McQueen wurde 1969 in Londons East End geboren: als Sohn eines Taxifahrers, als jüngstes von sechs Kindern. Doch er hatte ein Ziel, er wollte Modedesigner werden. Ausbildung in der Savile Row, Studium am Central Saint Martins College, die erste Show bereits ein Riesenerfolg, Chefdesigner bei Givenchy, die eigene Marke ein Verkaufsschlager, viermal International Designer of the Year, ausgezeichnet mit dem Commander of the British Empire Orden von der Queen – eine Erfolgsstory, wie sie im Buche steht.


Zum Tod von McQueen

Ein Teil seines Erfolges und der Bestürzung über seinen Tod ist wohl ebendiese Geschichte, die jeder gerne hört: Ein Genie aus bescheidenen Verhältnissen, ein Visionär, der gegen alle Widerstände dennoch ganz nach oben kommt, der allen beweist, dass es möglich ist – und, wie es scheint, dort oben doch nicht glücklich wird. Dass er so verzweifelt war, möglicherweise so einsam auf seinem Thron, hatte wohl niemand rechtzeitig erkannt.
McQueen hatte im Jahr 2000 seinen damaligen Partner geheiratet, mit Kate Moss als Brautjungfer, doch die Ehe hielt nicht lange. Laut Gerüchten war kurz vor seinem Tod eine weitere Beziehung gescheitert. Tage bevor der 40-jährige Designer tot aufgefunden wurde, war seine Mutter gestorben, ein Jahr zuvor seine Tante, drei Jahre zuvor hatte seine Vertraute und Mentorin, Isabella Blow, sich das Leben genommen.

Zweifelsohne war McQueen einer der größten Modedesigner unserer Zeit, der es Saison um Saison wieder schaffte, zu verblüffen und die Modebranche in Begeisterung zu versetzen. Ein Meister, nicht nur der Silhouetten und Schneiderskunst, sondern auch der außergewöhnlichen Inszenierung. Beinahe legendär ist seine Hologrammdarstellung der schwebenden Kate Moss in seiner Fall/Winter Kollektion 2006.


Kate Moss for Alexander McQueen

David LaChapelle setzte ihm mit dem Photokunstwerk „Burning down the House“, das McQueen zusammen mit Isabella Blow vor einer brennenden Festung zeigt, ein Denkmal für die Modeewigkeit.

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Alexander McQueen und Isabella Blow, „Burning Down the House“ von David LaChapelle

Dem Guardian beschrieb er seine Kleidung einmal als Rüstung, als Schutzpanzer gegen die Außenwelt: „Man muss schon ganz schön Eier haben, um eine Frau anzusprechen, die meine Kleider trägt.“ Er habe als kleiner Junge angefangen, seine Schwestern anzukleiden, um sie stärker zu machen und zu beschützen. Bei der Frage, ob diese Strategie auch auf sich und seine Art sich zu kleiden zuträfe, sei der Designer nervös geworden. „Ich möchte ein Mauerblümchen sein. Unbeschrieben. Einfach gar nichts. Ich will mich nicht sehen.“
Vielleicht hatte ihn niemand richtig sehen wollen, sondern nur das, was er hervorbrachte.

Redakteure und Pressevertreter aus der ganzen Welt äußerten ihre Trauer über den tragischen Verlust für die Modewelt. Mit folgenden Worten brachte Vogue Online Chefin Doris Huber ihre Achtung für das Werk des Modedesigners zum Ausdruck:
„Alexander McQueen war für mich ein Künstler. Wenige Designer haben das Talent, über die Jahre derart prägnante und kreative Mode zu machen. Dass sein Stil bisweilen polarisierte, kann bei Kollektionsnamen wie „Jack the Ripper“ nicht verwundern. Ich liebte seine exzentrischen Shows genauso wie das Überraschungsmoment, wenn er zwischendurch elegante, fast schlichte Entwürfe präsentierte.“

Prominenz und Modeikonen zeigten sich gleichermaßen bestürzt über McQueens Ableben, jedoch gibt es kaum Persönliches, das zitiert werden kann, meist geht es um den Verlust eines „Genies“ oder „Ausnahmedesigners“, selten -wie bei Kate Moss- um einen Freund.

Update: McQueen hat sich nach neuesten Berichten erhängt.

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Photo Credit
„Burning Down The House“ by David LaChapelle
Title photograph by pantavila/flickr