„I stand before you tonight in my Red Star chiffon evening gown, my face softly made up and my fair hair gently waved, the Iron Lady of the Western world.“ Margaret Thatcher
Meryl Streep hat ihren dritten Oscar als die Eiserne Lady bekommen, Gary Oldman seine Anerkennung als Nicht-Schurke Hollywoods in John-le-Carré’s Verfilmung Dame, König, As, Spion, und Michelle Williams gibt eine fast perfekte Marylin.
Hollywood bedient sich gerne aus der Schatzkiste der Vergangenheit, und nicht nur auf der Leinwand sieht man plötzlich Zweiteiler aus Tweed, Broschen und Perlenketten sowie die karierten Sakkos, Krawatten und Beton-Frisuren im modischen Anmarsch.
Wer will sich nicht wie sein Lieblings-Filmstar kleiden – oder besser noch, wie eine Filmfigur? Die 20er, 60er und 80er Jahre werden mit einem modernen Touch serviert. Die britische Vogue nimmt Meryl Streep auf ihr Cover, und widmet eine ganze Strecke den Kostümen von Consolata Boyle, die schon früher für The Queen jede Menge Jacken und Röcken in königlicher Länge entwarf.
Die Leser beobachten die Transformation von einer Skizze bis zum fertigen Look der in der Maske kaum wieder erkennbaren Meryl Streep, und klicken begeistert auf farfetch.com, wo es bereits blaue Zweiteiler à la Meryl von Margareth von Yves Saint Laurent und Christian Lacroix zu ergattern gibt.
Plötzlich wird Margaret Thatcher Fashion, Meryl Streep erarbeitet sich durch die Rolle den Titel des ältesten Covergirls. Und Harper’s Bazaar produziert eine Strecke mit Georgia May Jagger, wo die Tochter des Rockmusikers eine reinkarnierte Version von Thatcher auf dem Höhepunkt ihrer Kariere mimt.
Der Thatcher-Trend geht durch die Fashion-Editorials um die Welt, und es ist nun eine Frage der Zeit, bis ein cleverer Stylist einen Zweiteiler und eine Perlenkette auf Andrej Pejic wirft und die Strecke zum neuesten Coup in der Modegeschichte erklärt.
Zwei Industrien, die schon längst zusammen gehören -Film und Mode- haben eine effektive Marketing-Maschinerie in Gang gesetzt. Träume werden recycelt, Stars sind perfekte Models, und den Job eines Kostümbildners übernehmen jetzt Tom Ford (A Single Man ) und Paul Smith (Tinker, Taylor, Soldier, Spy).
Lange betrachtete Hollywood seine historischen Artefakte als eine Art „Industrieabfall“, die entsorgt werden – bis Mad Men kam und eine regelrechte Hysterie auslöste, die ein Revival der Vergangenheit in der Mode inspirierte. Alles dreht sich um eine Idealisierung der Vergangenheit, die angeblich besser war als eine Gegenwart, die fragmentiert und weniger strukturiert erscheint.
Kostümbildner bedienten sich gerne im Retro-Fundus, Mad Men-Stylistin Janie Bryant lancierte eine eigene Kollektion für den Shopping-Sender QVC und arbeitete mit Banana Republic zusammen, Trish Summerville designte die punkigen Looks von Lisbeth Salander in Verblendung, die es dann in ihrer eigens für H&M geschaffenen Dragon Tattoo Collection zu erschwinglichen Preisen gab. Tom Ford machte gleich einen ganzen Film zu seinem Laufsteg mit Colin Firth und Julianne Moore, und damit seine Mode zu einem Dauerrenner.
Der in London ansässige dänische Designer Peter Jensen widmete seine Ressort-Kollektion 2012 der Schauspielerin Meryl Streep und kreierte danach die Looks aus Klassikern wie Kramer vs. Kramer und Manhattan.
Dass Filme Looks kreieren und ihre Zeit prägen, ist bekannt, und alt wie das Zelluloid selbst. Doch die kommerzielle Vernetzung von Mode und Film scheint eine neue Wende zu nehmen.
Man kennt James Bond’s Autos und Uhren, die Manolos von Sex and the City´s Carrie, Produkt-Placement genannt; die andere Richtung – von der Mode zur Leinwand und in den Kleiderschrank – ist neu.
Nicht viele Kostümdesigner können gleich von der Karriere der Sex and the City-Stylistin Patricia Field träumen, die eine eigene Boutique in Manhattan hatte, bevor sie zum Film und später zum eigenen Label kam.
Aber viele lernen schnell einen Pakt mit der Modebranche zu schließen. Arianne Phillips, die Stylistin am Set von A Single Man und Kostümbildnerin von W.E. ist bereits Gast-Redakteurin auf shoescribe.com, einer Online-Plattform für Schuhe. Man kann erwarten, dass sie bald eine eigene Stilletto-Kollektion dort reviewen wird.
Und wenn man noch nichts vom Oscar-Preisträger Mark Bridges (The Artist) und seiner eigenen Linie gehört hat, wird sich das wahrscheinlich bald ändern, schließlich heißt seine Firma Eleven O`Clock Fashion Show.