Der französische Altmeister Jean-Charles de Castelbajac sagt, er möchte sich noch nicht aufs Altenteil zurückziehen und nun Weinreben pflanzen. Man glaubt es ihm. Mit seiner neuen Kollektion „Sportacus“ wendet er sich direkt an die von ihm als „Generation Myspace“ bezeichnete Generation: Bunte Drucke, Grelle Accessoires und Slogans bestimmen neben den üblichen absurden Allusionen an verblasste Ikonen der Popkultur und Computerspiele das Bild.
Backstage feiert de Castelbajac erwartungsgemäß mit Casette Playa und den Coconut Twins, die er seine „Myspace-Freunde“ nennt.
Erst bei genauerem Hinsehen wird deutlich, dass de Castelbajacs Spiel mit Neu Rave doch von jener altväterlichen Distanz gekennzeichnet ist, die man von einem Großen der Pariser Modeszene erwartet.
Unter gigantischen Ketten aus Legosteinen und riesigen goldenen Kleopatra-Drucken strahlen klare Schnitte jene große Ruhe aus, die man nach dem Besuch einer „echten“ Neu Rave Schau vermisst. Auch bedient sich de Castelbajac bei seinen Entwürfen keiner Neonfarben, sondern belässt es vorwiegend bei Blau, Gelb und Rot.
Das erinnert eher an das Bella Italia der Fünfziger Jahre als an das Hoxton dieser Tage.
Im allgemeinen strahlt ein merkwürdiger Vergangenheitsbezug über de Castelbajacs „Sportacus“. Gleichwohl ist es schwierig, diesen einfach als „Retro“ abzutun, weil er dafür zu naiv und zu greifbar schient.
De Castelbajacs Retro hat nichts mit Zitieren aus zweiter Hand zu tun. Er ist selbst Jahrgang 1949. Zur Zeit als die in „Sportacus“ allgegenwärtigen Referenzen „Spartacus“ (1960) und „Kleopatra“ (1963) gedreht wurden, war de Castelbajac so alt, wie es die Neu Raver jetzt sind.
Im Zitat des eigenen biographischen Details zeigt sich die Jugend des Altmeisters, die über die demonstrative Allianz mit Neu Rave auf respektable Weise ins Heute überträgt.
Text: Johannes Thumfart
Fotos: Rachel de Joode