Im ideologisch stellenweise problematischen, dennoch besonders wertvollen Dokumentarfilm „The Corporation“ über den Zustand der modernen Konzernkultur beschreibt der Industrielle Ray Anderson seine vollständige Kehrtwende hin zum ökologischen Denken nach der Lektüre des Buchs „The Ecology of Commerce“.
Dieser Paradigmenwechsel ˆ’ ein Verdienst der grünen Bewegung ˆ’ vollzieht sich auch in der Mode nicht nur bei individuellen Konsumenten, er etabliert sich auch zunehmend in Unternehmen.
Dies geschieht ˆ’ zur Enttäuschung vieler ˆ’ nicht in der Form eines minimalistischen „back to the roots“, vielmehr ordnet er sich auch dem westlichen Dynamismus des steten „Vorwärts“ unter.
So ist wohl der Titel des englischsprachigen bei Black Dog Publishing erschienenen „Eco-Chic: The Fashion Paradox“ zu verstehen: „Öko-Mode“ schafft es, durch verantwortungsvolles Handeln den Konsumismus zu retten, und damit macht die Autorin Sandy Black auf die Ambivalenz des Verhältnisses von Mode und Ökologie aufmerksam, auf eine Spannung, die sich wohl kaum auflösen wird.
Auf ca. 250 Seiten schafft Black es nun, eine umfassende Bestandsaufnahme der Modeindustrie unter dem Aspekt ökologisch verantwortlichen Handelns abzuliefern.
Designer- und Unternehmensprofile (z.B. Zara und American Apparel) sind genauso Teil des Buchs wie vielfältige Beschreibungen von Textilien, Konsumverhalten, Produktionsformen oder dem Lebenszyklus von Kleidung.
Dabei macht sie insbesondere auch auf die komplexen Probleme aufmerksam, die diese industrielle Wende macht.
Diese sind nicht nur in Widerständen aller Art zu suchen, es zeigt sich immer mehr, dass es keinen goldenen Weg gibt, „Eco-Fashion“ zu produzieren: eine ethisch richtige Entscheidung an einer Stelle hat nachteilige Konsequenzen an anderer.
Das mit zahlreichen Bildern versehene „Eco-Chic: The Fashion Paradox“ ist der ˆ’ auch gestalterisch gelungene ˆ’ Begleiter für eine neue Ära: im Gegensatz zur politisch korrekten, ästhetisch wohl eher zu vernachlässigenden Öko-Mode der Vergangenheit wird heute „richtige“ und bezahlbare Mode produziert, die für einen um ein Vielfaches grösseren Kundenkreis interessant (eine Grundvoraussetzung, auf die auch Katharine Hamnett vor kurzem im modabot-Interview aufmerksam gemacht hatte), und damit im kapitalistischen System hochrelevant wird.
„Eco-Chic: The Fashion Paradox“ (engl.)
Sandy Black
Black Dog Publishing
Februar 2008
Paperback
256 Seiten
27 x 21 cm
ISBN13: 978 1 906155 09 4
Zum Thema:
Katharine Hamnett on Ethical Fashion
Judith Vitt von Systain Consulting über Corporate Social Responsibility
Peter Ingwersen of Noir and Illuminati II on Corporate Social Responsibility
Interviews mit den Organisatoren der “Fair Fashion Affair 2007″ Berlin
Andrea Crews – Fashion Art Activism