Dezember ist der Monat der Parties, des Glitzerschmucks und des Glanzes, so kam das 3. Londoner Fashion in Film Festival gerade recht.
Doch ist nicht alles Gold, was glänzt, sondern bisweilen auch schwarzweiß: Frühe Filme aus internationalen kinematographischen Archiven werden noch bis zum 12.12.2010 mit Schwerpunkt auf dem Kostüm als eine Form des filmischen Spektakels gezeigt.
Mit dem Festivaltitel „Birds of Paradise“ („Paradiesvögel“) steht die dramatische Verzierung von Frauen im Vordergrund: sie werden in den Filmen mit Dingen wie Pailletten und Frisierumhängen geschmückt, als ob sie Vögel oder Schmetterlinge wären. Neben dieser Darstellung der mitreißenden, dekadenten Verkleidungen, verspricht das Festival aber auch die Möglichkeit, sich mit dem historischen Wandel der Mode auf spannende Art auseinanderzusetzen.
Es erwarten und erwarteten einen Werke von Regisseuren wie dem Amerikaner Kenneth Anger, Jack Smith, dem ersten „Kinomagier“ Georges M©liès, Künstler und Regisseur James Bidgood sowie Michael Curtiz.
Neben exklusiven Filmvorführungen zeigt Fashion in Film Sonderfilme und Installationen von zeitgenössischen Künstlern, Designern, Fotografen, Filmproduzenten, Schauspielern und Musikern. Eine Installation namens „Der Saum: die bewegende Filmleinwand“ wurde für das Somerset House (Sitz der London Fashion Week) vom preisgekrönten Jason Bruges Studio organisiert. Das Kunstwerk ehrt belle epoque Tänzerin Loïe Fuller, deren hoch einflussreiche Aufführungen den Geist des Festes verkörpern.
Zusätzlich wird an 12 Londoner Orten das sogenannte „Kinoscope Parlour“, eine von Thomas A. Edisons und W.K.L Dicksons Kinetoskop inspirierte und nutzbare Installation ausgestellt, die von Mark Garside konzipiert wurde.
Der Filmapparat, der in der Vergangenheit oft in Salons zur Anwendung kam, und dem Publikum die ersten Kinoerlebnisse verschaffte, zeigt – genauso wie damals – kurze Filme von u.a. den Lumière Brüdern, Thomas Edison, Gaston Velle, Segundo de Chomón, J.H. Paul, Ferdinand Zecca und Alice Guy-Blach©.
Mitbegründerin, Direktorin und Kuratorin des Festivals ist Marketa Uhlirova, eine Forschungsstipendiatin in Geschichte und Theorie der Mode im Central Saint Martins College, wo sie auch Dozentin ist.
Sie ist auch Herausgeberin vieler Bücher, z.B. If Looks Could Kill: Cinema’s Images of Fashion, Crime and Violence.
Uhlirova veröffentlicht demnächst ein weiteres Buch: Birds of Paradise: Costume as a Cinematic Spectacle. Das im Frühjahr 2011 erscheinende illustrierte Buch wird von Wallflower Press herausgegeben und wird Beiträge von u.a. Catherine Hindson, Jody Sperling, Giovanni Lista, Jos© Teunissen, Sumiko Higashi, Lucy Fischer und Ryan Powell enthalten.
Essays aus schon erhältlichen Büchern, die jedes Jahr herausgegeben werden, untersuchen kritisch unsere Beziehung zur Mode und können online gelesen werden.
Das Festival hat eine breite Anziehungskraft: es wird Film- Vintage-, und Geschichtsfans ansprechen, die Mode der Filme bietet Inspiration für Fashionistas. Stylings der Filme erinnern bisweilen an die Ästhetik, die man in der Street Fashion Photography sieht: ein eklektisches „Kuddelmuddel“ moderner und altmodischer Gewänder. Des Weiteren ist es erhellend und informativ, die Einstellungen in Bezug auf Mode zu beobachten.
modabot stellte der Fashion in Film Gründerin Marketa Uhlirova einige Fragen zum Festival:
Warum haben Sie „Fashion in Film“ begonnen?
Zu Beginn war es nicht in dieser Form geplant, es war bescheidener. Dann entschieden wir, dass wir es ein Festival nennen sollten und es musste seinem Namen gerecht werden!
Wir wollten einfach einige Fragen darüber stellen, wie Mode und Film koexistieren und welche Spannungen es gibt.
Ist es Ihnen leicht gefallen, Unterstützung von kulturellen Institutionen wie dem BFI (British Film Institute), Barbican und Somerset House zu bekommen?
Nein, abgesehen von The Horse Hospital, wo das FiF sozusagen begann. Im ersten Jahr war es das ICA und das Kino Lumiere des französischen Instituts, die wirklich bereitwillig am Festival teilnahmen.
Das BFI ist ziemlich vorsichtig mit der Partnerschaft gewesen und ist es noch. Aber man erhält erstaunliche Unterstützung, wenn es sich einmal entschieden hat.
Wie sehen Sie die weitere Entwicklung des FiF?
Ich bin nicht sicher. Es ist seltsam zu sehen, wie aus Nichts Etwas entsteht. Es ist auch seltsam zu sehen, wie das eigene Werk gewissermaßen institutionalisiert wird! Ich habe immer gedacht, ich würde gerne 10 Jahre das Festival ausrichten und dann aufhören. Aber jetzt bin ich mir nicht sicher, dass wir so weit kommen werden. Es ist momentan eine unglaublich schwierige Zeit, was Kunstfinanzierung angeht. Wie die Mehrheit der Kunstorganisationen in Großbritannien kann ich sagen, dass ich darüber besorgt bin.
Was mir am meisten Sorge macht, ist, dass die Trägerschaften (und es gibt nicht viele) der Branche nicht zuzutrauen scheinen, mit etwas Wichtigem oder Wertvollem aufzuwarten. Sie glauben, sie haben nichts von unserer Branche zu lernen.
Wieso haben Sie dieses Jahr das Fest „Die Paradiesvögel“ genannt?
Ich wollte es „Der Pfau-Effekt“ nennen, aber ein Freund redete es mir aus, weil, wie er zu Recht hervorhob, dieser Titel Herrenbekleidung nahelegt. Ich befasste mich aber hauptsächlich mit Frauenbekleidung. Der Pfau hat eine zutiefst zwiespältige Ikonografie und die Öffnung des Schweifes signalisiert gleichzeitig einen Akt der Anziehung und einen Akt der Abschreckung. Der Schweif ist sozusagen eine Leinwand und zugleich eine Waffe.
Ich denke, dass die weibliche Geckenhaftigkeit noch interessanter ist, wenn sie durch die Linse der männlichen Geckenhaftigkeit gesehen wird.
Trotzdem, viele der Filme zeigen Männer, die in aufwendiger Verkleidung paradieren, was sich auf weiblichen Glamour (Hollywood oder Theater) bezieht;
Das könnte auch irgendwie als umgekehrtes Drag, als Maskerade angesehen werden: Frauen verkleiden sich als FRAUEN.
Wenn Sie nur einen Film empfehlen könnten, welcher wäre es und wieso?
Ich denke, es wäre ein enges Rennen zwischen Kenneth Anger und Jack Smith. Beide sind atemberaubend. Beide sind besessen von Kostümen. Sie sind aber grundlegend verschiedene Regisseure und Menschen. „Flaming Creatures“ und Inauguration of the Pleasure Dome haben mich immer beschäftigt. Aber Moment… die größte Überraschung im ganzen Rechercheprozess war das Kennenlernen des Films von Steven Arnold. Stuart Comer von Tate machte mich darauf aufmerksam. Stuart ist einer der Mitkuratoren von Tate. Wir sind auf der selben Wellenlänge, es war wunderschön diesen Dialog zu haben.
Vielen Dank
Katie Rose